Wie es bei Le Duigou jetzt weitergeht

Markt / 08.02.2023 • 20:00 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Was Nägele &amp; Strubell übernehmen wird. <span style="color: rgba(111, 111, 111, var(--tw-text-opacity)); font-size: 0.75rem; text-transform: uppercase;">Walser</span>
Was Nägele & Strubell übernehmen wird. Walser

Gang zum Handelsgericht durch Verhandlung in letzter Minute gestoppt.

Götzis Die vergangenen zwei Wochen waren für Andre Le Duigou, Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens, und seinen anwaltlichen Vertreter, den Dornbirner Wirtschaftsanwalt Wilhelm Klagian, der derzeit auch als Masseverwalter die Bertsch-Insolvenz stark beansprucht ist, alles andere als ein Spaziergang.

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Übernahme

m Raum stand eine Insolvenz (die VN berichteten) kurz oder gleichzeitig zur Übernahme der Le-Duigou-Filialen in Dornbirn und Feldkirch durch Nägele & Strubell, ehemaliger Hoflieferant und einer der österreichischen Marktführer in der Branche.

Franchise-System am Start

Parallel zur Übernahme der Filialen durch die österreichische Parfümeriekette wurde das eigene Franchise-System mit dem ersten Beauty Salon unter der  Le-Duigou-Marke in Götzis gestartet. Auf das Franchise-System baut Andre Le Duigou in Zukunft. Das Unternehmen stellt den künftigen Geschäftspartnern das Salonkonzept sowie die Pflegeprodukte aus der eigenen Kosmetiklinie zur Verfügung und sorgt für die ständige Weiterbildung in Sachen Schönheit und Wellness.

<p class="caption">Andre Le Duigou forciert den Aufbau des Franchise-Systems. <span class="copyright">VN/sca</span></p>

Andre Le Duigou forciert den Aufbau des Franchise-Systems. VN/sca

Nun wurde ein außergerichtlicher Ausgleich gefunden. Nach dem Durchbruch in den Verhandlungen mit den Gläubigern – im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) und die langjährige Hausbank, übrigens ein lokales Bankinstitut – will Le Duigou jetzt mit dem Franchisekonzept und mit der eigenen Kosmetik- und Parfümlinie durchstarten. Vom Konzept ist nicht nur er überzeugt, sondern, wie Anfragen zeigen, auch etliche Interessentinnen und Interessenten, die sich bereits mit dem Vorarlberger Beauty-Unternehmen in Verbindung gesetzt haben. Auch im Bereich der Pflegeprodukte und Parfüms gebe es derzeit vielversprechende Gespräche mit einem großen internationalen Vertriebspartner.

Einigung in letzter Minute

Der Zeitpunkt, den die langjährige Hausbank wählte, um ihrem Kunden die Zusammenarbeit aufzukündigen,  konnte nicht schlechter gewählt sein, denn die „in keiner Weise erwartete Einstellung von Zahlungen“ stellte das Tradtionsunternehmen vor eine völlig neue Situation. Zuvor hatte Le Duigou den Gläubigern ein Angebot über einen außergerichtlichen, einen sogenannten stillen, Ausgleich gemacht. Er bot bereits vor mehreren Wochen eine Quote von 43 Prozent an, die von der Bank lange abgelehnt wurde. Nun wurde der außergerichtliche Ausgleich nach intensiven Verhandlungen angenommen. “Ich bin Dr. Klagian zu großem Dank verpflichtet. Er hat nochmals und besonders vehement nachgehakt und konnte letztendlich eine Einigung erzielen.” Nur die ÖGK verlangte zum Ärger von Anwalt Klagian “unter Berufung auf einen rechtswidrigen Erlass aus dem Jahr 1984 Vollzahlung”. Der Sache werde er sich noch intensiver annehmen, so der Dornbirner Anwalt im Gespräch mit den VN.

Wirtschaftsanwalt Wilhelm Klagian hat derzeit viel zu tun. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Wirtschaftsanwalt Wilhelm Klagian hat derzeit viel zu tun. VN/Steurer

Außergerichtlicher Ausgleich

Grundsätzlich hat der Schuldner, bei Gesellschaften deren vertretungsbefugtes Organ, im Falle des Eintritts der Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung bei Kapitalgesellschaften) unverzüglich den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen.

Es besteht jedoch die Möglichkeit, einem gerichtlichen Insolvenzverfahren dadurch zu entgehen, indem spätestens 60 Tage nach Vorliegen der Insolvenz mit allen (!) Gläubigern, die gegen den Schuldner über fällige Ansprüche verfügen, ein sog. außergerichtlicher oder stiller Ausgleich geschlossen wird.

Die Vorteile einer außergerichtlichen Einigung gegenüber den gerichtlichen Insolvenzverfahren liegen auf der Hand:  

Wahrung der Diskretion (es sind keine Veröffentlichungen in der Insolvenzdatei vorgesehen);

Schnellere Sanierung – gerichtliche Insolvenzverfahren erstrecken sich oft über Jahre;

Höhere Flexibilität – eine Ungleichbehandlung der Gläubiger ist möglich;

Kein Gewerbeentziehungsgrund – bei Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels eines kostendeckenden Vermögens wird in der Regel der Gewerbeschein entzogen;

Beim Außergerichtlichen Ausgleich handelt es sich um gesonderte Vereinbarungen mit den einzelnen Gläubigern, die inhaltlich eine Änderung des Schuldverhältnisses (Novation) darstellen (Ratenvereinbarungen, Stundung, teilweise Schulderlässe). Die Fälligkeit bzw. der Fälligkeitszeitpunkt der Forderungen kann so aufgehoben bzw. hinausgeschoben werden, sodass insofern die Insolvenzvoraussetzung der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Wichtig ist jedoch, dass mit allen Gläubigern eine entsprechende Einigung zustande kommt, da Zahlungsunfähigkeit im insolvenzrechtlichen Sinn schon dann gegeben ist, wenn nur eine fällige Forderung nicht innerhalb angemessener Frist beglichen werden kann

Zu beachten ist, dass die einzelnen Gläubiger nicht gleich behandelt werden müssen. Eine Differenzierung im Ausmaß der Befriedigung ist – anders als in den gerichtlichen Verfahren – durchaus möglich, jedoch nur mit Wissen und Willen der “schlechter behandelten“ Gläubiger. Diesen gegenüber sollte die Ungleichbehandlung daher sachlich argumentiert werden.

Dabei wird in der Praxis insbesondere zu berücksichtigen sein, dass manche Gläubiger einem (teilweisen) Forderungsverzicht in der Regel nicht zustimmen:  

Für Gläubiger dinglich oder persönlich (z.B. durch Hypothek oder Bürgen) gesicherter Forderungen bedeutet ein (teilweiser) Verzicht, dass insoweit auch kein Rückgriff auf den Bürgen oder das Grundstück mehr möglich ist. Demgegenüber bleiben derartige Ansprüche im Insolvenzverfahren unberührt.

Auch die Sozialversicherungsträger stimmen einem außergerichtlichen Ausgleich unter Berufung auf die gesetzlich vorgegebene Unverzichtbarkeit ihrer Ansprüche in der Regel nicht zu. Möglich sind jedoch Ratenvereinbarungen.  

Dienstnehmer werden in der Regel voll zu befriedigen sein, zumal diesen bei Vorenthaltung des Entgelts ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund offen stünde. Einem (teilweisen) Forderungsverzicht werden auch sie kaum zustimmen, da dann der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds den Ausfall nicht decken würde. Demgegenüber haben Sie im gerichtlichen Verfahren nichts zu befürchten, hier sind ihre Ansprüche durch den Fonds gesichert.

Bei den Verhandlungen mit den Gläubigern sollte vor allem damit argumentiert werden, dass die ihnen angebotene Quote immer noch höher ist als die zu erwartende Quote eines sonst unumgänglichen gerichtlichen Insolvenzverfahrens. Das Vertrauen der Wirtschaft in ein Unternehmen, über das ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist in der Regel eher gering. Auf Grund des damit einhergehenden Imageverlustes ist ein gewinnbringendes Wirtschaften nur schwer möglich, weil bisherige Kunden keine weiteren Aufträge mehr erteilen. Außerdem sind die Kosten eines Insolvenzverfahrens nicht unbeträchtlich.

Unterstützend mit betriebswirtschaftlichen Perspektiven (“Sanierungskonzept“, bzw. “Strategie für die Zukunft“) sollte so versucht werden, die Gläubiger von der Sinnhaftigkeit einer außergerichtlichen Einigung zu überzeugen. Etliche Wirtschaftsförderungsinstitute der Landeskammern, in Vorarlberg das Gründerservice, vermitteln darauf spezialisierte Unternehmensberater zu geförderten Konditionen.

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