Welche Ära in Nenzing endgültig zu Ende geht

Gamperdona-Urgestein geht in den Ruhestand: Keine Ausflugsfahrten mehr, für Stammhaus wird Pächter gesucht.
Nenzing Am Anfang war das Lebensmittelgeschäft im Ortszentrum von Nenzing. Bereits Ende der 20er Jahre gründeten Anton und Margarethe Gantner ihr kleines Geschäft in Nenzing und zeitgleich eröffnete das Ehepaar eine Filiale im Gamperdonatal, in weiten Bevölkerungskreisen Vorarlbergs als Naturparadies „Nenzinger Himmel“ bekannt. Das Lädele im Gamperdona versorgte Generationen von Nenzingern und Feriengäste, mit allem was den Aufenthalt in dem Hochtal, das bis heute nichts von seiner Faszination verloren hat, zum einen möglich und zum anderen angenehm machte – inklusive VN-Zustellung und Poststation. Im vergangenen Jahr schon wurde das Lädele geschlossen. Seither übernimmt der neue Laden der Agrargemeinschaft Nenzing, der von Andreas Lutz und Michael Jantscher betrieben wird, die Grundversorgung unterm Panülerkopf.
Den Himmel genießen
Natürlich gab es einen Trennungsschmerz vom früheren Gamperdona-Laden, doch jetzt freut sich Toni Gantner mit seiner Partnerin Anita Frick auf die freie Zeit, wie er im Gespräch mit den VN erzählt: „Ich freu mich jetzt, in der Hütte zu hocken und mit Freunden und langjährigen Kunden in aller Ruhe ein Glas Bier trinken zu können.“

Das funktioniert, weil Gantner, der auch den Titel Kommerzialrat verliehen bekam, jetzt auch mit den weiteren Geschäftszweigen des kleinen Unternehmens abschließt. „Wir bieten ab heuer keine Fahrten in den Nenzinger Himmel und die Gamp mehr an“, erklärt er und verweist auf den früheren Mitbewerber Lisi & Friedl Touristik, die wie gehabt die automobile Verbindung ins Tal anbieten. „Er die Fahrten auf die Gamp übernimmt, ist noch offen“, erklärt er und verspricht, die Ausflügler zu informieren, sobald er was wisse. Den gesamten Fuhrpark, zehn Fahrzeuge – vom Mercedes Sprinter bis zum kultigen Puch Pinzgauer, verkaufe er, so Gantner.

45 Jahre führte Anton Gantner das „Lädele“ im Nenzinger Himmel, im vergangenen Jahr war Schluss. Die Einrichtung würde er gerne an ein Museum oder Sammler übergeben. EM
Doch damit nicht genug: Auch von der bisherigen Basis des diversifizierten Kleinunternehmens, dem Lebensmittelgeschäft in der Ortsmitte von Nenzing, wird von Anita Frick und Toni Gantner aufgegeben. Bislang erhalten dort viele Nenzinger, die bereits seit Jahrzehnten Stammkunden sind, ein Lebensmittel-Grundsortiment, Tabakwaren, Geschenke und Dekorartikel und können außerdem ihren ausgefüllten Lottoschein abgeben. Für den Laden im Ort suche das Paar, das in den vergangenen Jahren das Geschäft auf aktuellen Stand gebracht und das Sortiment erweitert hat, auf einen Pächter. Es sei alles da, sagt Gantner, und zählt auf: Regale Kühlgeräte, Registrierkassa und was man sonst noch in einem Geschäft braucht. „Für Neueinsteiger wäre das eine Supergelegenheit“, ist er überzeugt. Apropos Laden: Das Inventar des Gamperdona-Lädeles steht zur Disposition. „Ich würde das gerne abgeben – an ein Heimatmuseum oder an Sammler, auch in einem Gastlokal könnte ich mir Teile der Einrichtung gut vorstellen“. Über Interessenten freuen wir uns“, sagt der Neo-Pensionist, der nach 47 Berufsjahren ab spätestens 1. August seine Pension im geliebten Gamperdon verbringen will.

Familie Gantner und Nenzing in eigenen Worten
Schon um 1930 betrieben Anton und Margarethe Gantner ein kleines Lebensmittelgeschäft in Nenzing mit Filialbetrieb im Nenzinger Himmel. Auf den steilen, schmalen Wegen wurden für den Lebensmitteltransport damals noch selbstgebaute Pferdefuhrwerke, die so genannten Gamperdonwägele, eingesetzt, die nach Ausbau der Straße in den späten 1940er Jahren von Jeeps abgelöst wurden.
In den 1950er Jahren übernahmen Reinelde und Guntram Gantner das kleine Geschäft im Tal. 1963 errichteten sie zusätzlich eine Hütte mit Lebensmittelgeschäft im Nenzinger Himmel.
1971 stellte Guntram Gantner bei der Agrargemeinschaft Nenzing einen Antrag auf Bewilligung von gewerblichen Personentransporten in den Nenzinger Himmel. Da dem Ansuchen stattgegeben wurde, schaffte er einen Geländewagen PUCH Haflinger mit 5 Fahrgastsitzen an und schuf sich mit dem Gästetransport zum Nenzinger Himmel ein zweites berufliches Standbein – die Geburtsstunde unseres heutigen Unternehmens.
Mitte der 1970er wurde die Straße in den Nenzinger Himmel weiter ausgebaut und war fortan mit Kleinbussen befahrbar. 1976 wurden die Personentransporte auch für die Alpe Gamp bewilligt.
1977 erweiterten wir unseren Fuhrpark. Ausflugsfahrten, Schülertransporte und Zubringerfahrten ergänzten das bestehende Leistungsangebot. Nach dem Tod von Reinelde Gantner 1978 führte Guntram Gantner den Betrieb mit seinen Söhnen Anton, Herbert und Bruno weiter. Ab dem Jahr 1985 bot er im Auftrag der Gemeinde Nenzing als zusätzlichen Service Kindergartenfahrten von Gurtis, Rungelätsch und Halden zum Kindergarten Motten an. Ein Jahr später kam neben weiteren Schülertransporten ein Werksverkehr hinzu.
Nach einer umfangreichen Fuhrparkerweiterung übergab Guntram Gantner den Betrieb 1988 an seinen Sohn Anton, den er bis zu seinem Tod im Dezember 1997 weiter unterstützte.
In den Folgejahren wurde der Fuhrpark mehrmals erweitert und modernisiert. Zur Verfügung standen nun Limousinen, Gelände-, Krankentransport- und Personenfahrzeuge der Marken Mercedes, VW und Toyota.
2009 brachte Anita Frick mit ihrer Erfahrung im Dekor– und Pflanzengeschäft frischen Wind in unseren Laden. In den Folgejahren wurde der Fuhrpark noch mehrmals erweitert, sodass wir heute über sämtliche Möglichkeiten eines modernen Taxi- und Transportunternehmens verfügen.
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