Friederike Hehle ist der Geschichte von Unternehmen auf der Spur

Markt / 03.03.2023 • 16:30 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Friederike Hehle ist der Geschichte von Unternehmen auf der Spur
Friederike Hehle startete vor zehn Jahren in die Selbstständigkeit. canva/Vn

Seit zehn Jahren betreibt sie mit historizing eine Agentur für Geschichte.

Schwarzach Friederike Hehle (45) entstammt einer Familie mit Unternehmer-Gen. Alle ihre Schwestern sind selbstständig. Sie selbst zog es nach dem Geschichte- und BWL-Studium zunächst ins Marketing. Der Impuls, um ebenfalls selbstständig zu werden, kam dann aber mit dem Jubiläum des familieneigenen Unternehmens Hehle Reisen. „Ich dachte, es wäre schön, die Firmengeschichte in Form eines Buches aufzuarbeiten. Denn vieles kennt man zwar aus Erzählungen, es wird aber nirgendwo festgehalten“, erzählt Hehle.

Hehle strukturiert für Firmen auch deren Archive neu. <span class="copyright">vn/Reiner</span>
Hehle strukturiert für Firmen auch deren Archive neu. vn/Reiner

So kam ihr die Idee, auch anderen Unternehmen dabei zu helfen, ihre Geschichte aufzuschreiben. „Es gab niemanden in Vorarlberg, der das angeboten hat.“ So startete sie 2013 mit historizing – der Agentur für Geschichte. 

Holpriger Start

Das erste Jahr war schwieriger als gedacht. „Ich hatte Flyer, eine Homepage, habe Klinken geputzt, viele Betriebe angeschrieben, aber es kamen zunächst keine Aufträge. Ein Artikel über mich in einer Zeitschrift brachte dann den ersten richtigen Auftrag“, erzählt die Unternehmerin. Letztlich, das habe sie gelernt, müsse der Antrieb, die eigene Geschichte aufzuarbeiten, immer von den Unternehmen selbst kommen.

Friederike Hehle ist nach wie vor mit Leidenschaft dabei. <span class="copyright">vn/Reiner</span>
Friederike Hehle ist nach wie vor mit Leidenschaft dabei. vn/Reiner

Der Anlassfall, dass historizing tätig wird, ist meist ein Jubiläum. Unter den Kunden seien genauso Traditionsbetriebe wie jüngere Unternehmen. „Auch Start-ups haben eine Geschichte“, verdeutlicht Hehle.

Im Archiv und im Gespräch

Für sie und ihren Mitarbeiter bedeutet der Auftrag dann, ins Firmenarchiv zu gehen, ins Landesarchiv, ins Gemeindearchiv und mit Zeitzeugen zu sprechen. Am Ende ihrer Arbeit steht ein Buch, eine Broschüre oder eine Homepage. „Es ist eine sehr spannende Tätigkeit. Ich bin gern in Kontakt mit Menschen, um ein Gefühl für das Unternehmen zu bekommen, aber ich recherchiere auch gerne.“

Das Gebäude in Schwarzach, in dem historizing den Sitz hat, hat auch eine Firmengeschichte. Dort, in der Bahnhofstraße 1, liegen nämlich die Anfänge von Hefel Textil.<span class="copyright"> vn/Reiner</span>
Das Gebäude in Schwarzach, in dem historizing den Sitz hat, hat auch eine Firmengeschichte. Dort, in der Bahnhofstraße 1, liegen nämlich die Anfänge von Hefel Textil. vn/Reiner

Was sich geändert habe, sei die Art des Erzählens. Früher habe man eine Firmenchronik meist an Jahreszahlen festgemacht. Heute gehe es auch um die Geschichten dahinter, um Zeitzeugen, um die Emotionen dahinter. „Jedes Jahrzehnt schreibt die Geschichte auf ihre eigene Art und Weise“, sagt Hehle, die auch den Service anbietet, Archive von Firmen aufzuarbeiten und zu strukturieren.

Über Mundpropaganda

Viele Kunden kommen über Mundpropaganda zu Hehle. Ihre Arbeit verlangt viel Durchhaltevermögen, denn die Projekte können mehrere Monate oder auch Jahre dauern. Ihr Ziel ist es, dass die Zusammenarbeit nicht automatisch mit dem Jubiläum endet. „Wir begleiten Kunden gerne weiter, denn kleine geschichtliche Anektoten eignen sich auch bestens dafür, um regelmäßig auf Social Media zu posten.“

Wichtige Hilfsmittel für die Arbeit im Archiv. <span class="copyright">vn/reiner</span>
Wichtige Hilfsmittel für die Arbeit im Archiv. vn/reiner

Neue Ideen

Auch an neuen Ideen mangelt es ihr nicht. So ist Friederike Hehle gerade dabei, ein Kursprogramm zu konzeptionieren. „Damit will ich vermitteln, wie man seine Firmengeschichte besser vermarkten kann, denn sie ist ein großer inhaltlicher Schatz, den man unabhängig von einem Jubiläum immer wieder einsetzen kann. Sie zeigt, wie lange man schon da ist, welche Krisen man überstanden hat und dass man Werte hat, die von Dauer sind.“

Das Gründungsdatum von historizing ist auf der Wand verewigt. <span class="copyright">vn/Reiner</span>
Das Gründungsdatum von historizing ist auf der Wand verewigt. vn/Reiner

Maskenfotos

Apropos Krisen: Während der Corona-Pandemie gab sie ihren Kunden den Ratschlag, Dinge aufzuschreiben, die während dieser Zeit geschehen sind, und Fotos zu machen. „Sonst vergisst man das. Viele haben sich das zu Herzen genommen, haben ihren stillgelegten Fuhrpark fotografiert oder Masken mit Firmenlogo. Das klingt zwar banal, aber diese Erinnerung kann in ein paar Jahren sehr wertvoll sein.“

Friederike Hehle verbringt auch viel Zeit in Archiven. <span class="copyright">A.lamprecht</span>
Friederike Hehle verbringt auch viel Zeit in Archiven. A.lamprecht

Spannende Fundstücke

In den vergangenen zehn Jahren ist sie in den Archiven jedenfalls schon auf tolle Fundstücke gestoßen. So sorgte ihre Arbeit zum Beispiel dafür, dass Loacker Recycling nun sein genaues Gründungsdatum kennt. „So wurde aus dem 130-Jahr-Jubiläum in Wirklichkeit ein 140-Jahr-Jubiläum.“

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