Gießkanne nährt die Inflation

Markt / 04.06.2023 • 20:05 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Hanno Lorenz, Agenda Austria: Staat kann Gebühren einfrieren oder senken. AA/Mayr
Hanno Lorenz, Agenda Austria: Staat kann Gebühren einfrieren oder senken. AA/Mayr

Agenda Austria: Anti-Teuerungsmaßnahmen des Bundes als Inflationstreiber.

Schwarzach, Wien Die erfreuliche Nachricht: Im Mai 2023 ist die Inflationsrate in Österreich laut Schnellschätzung der Statistik Austria auf 8,8 Prozent gesunken. Doch jubeln sollte man darüber noch lange nicht. Die Ökonomen Marcell Göttert und Hanno Lorenz von der Denkfabrik Agenda Austria haben untersucht, inwieweit der Staat selbst daran beteiligt ist, die Inflation zu befeuern.

Im Vorjahr gab die Regierung fast sieben Milliarden Euro für Hilfen gegen die Teuerung aus. Bis 2026 werden es insgesamt über 20 Milliarden sein. Unterstützung bekamen aber nicht nur jene Haushalte, denen die enormen Preissteigerungen existenzielle Probleme bereiten können, sondern alle Österreicher. Dadurch wuchsen die verfügbaren Einkommen so stark an, dass die Menschen im vierten Quartal 2022 um über fünf Milliarden Euro mehr ausgeben konnten als im gleichen Zeitraum 2021. Im ersten Quartal 2023 nahm der Konsum sogar preisbereinigt leicht zu.

Doch steigende Nachfrage sei bei hoher Inflation keine gute Nachricht, warnt Göttert. „Ein Rückgang des privaten und öffentlichen Konsums wäre jetzt die beste Maßnahme gegen die Teuerungswelle“, stellt er fest, und sagt auch warum:  „Die Einkaufslust der Österreicher trifft auf ein durch Personalmangel und andere Faktoren geschwächtes Angebot. Das sind exakt die Bedingungen, unter denen die Inflation bestens gedeiht.“

Gezielte Unterstützung

Es sei gut, dass die Regierung bislang nicht wie einige andere Länder direkt in die Preisbildung einzelner Warengruppen eingegriffen habe, denn Preisbremsen verzerren den Markt und kosten enorm viel Geld. Ein Ausweg: „Gezielte Direktzahlungen sind grundsätzlich der bessere Weg, dieser Krise zu begegnen. Allerdings muss die Regierung nun schleunigst damit aufhören, Förderungen mit der Gießkanne zu verteilen. In Zukunft sollte nur armen Haushalten geholfen werden“, fordern die Agenda-Austria-Ökonomen und sind damit nicht allein. Auch andere namhafte österreichische Ökonomen appellieren an die Regierung, zielgerichtet zu unterstützen.

Zudem könne der Staat im eigenen Bereich preisdämpfend wirken. Immerhin ist der Staat selbst für rund acht Prozent des Warenkorbs zuständig. Das betrifft verschiedene Gebühren, die der Staat jetzt einfrieren oder absenken könnte. Auch in der Lohnpolitik sehen die Ökonomen Möglichkeiten, die Teuerung zu bremsen. „Hohe Abschlüsse im öffentlichen Dienst sind nicht der richtige Weg, um die Inflation zu bremsen. Beamten sollten nicht im Spitzenfeld bei den Lohnerhöhungen sein“, dafür bestehe keine Notwendigkeit, sagt Lorenz.

Aber auch wenn in Österreich die Inflation höher als in anderen Ländern der Eurozone ist, nimmt Agenda Austria auch die EZB in die Pflicht: „Die EZB muss gegensteuern“, und das mit weiteren Erhöhungen bis der Leitzins die Inflationsrate übersteigt“, so die beiden Ökonomen. VN-sca

„Die Regierung muss schleunigst aufhören, Förderungen mit der Gießkanne zu verteilen.“