Großer regionaler Lebensmittelhersteller macht neue Food-Trends

Markt / 21.06.2023 • 19:30 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Der erste Schweizer Veggie-Burger wurde mit Vorarlberger Input in Landquart entwickelt und mundet sogar kritischen Gourmets. <span class="copyright">VB/Zanghellini</span>
Der erste Schweizer Veggie-Burger wurde mit Vorarlberger Input in Landquart entwickelt und mundet sogar kritischen Gourmets. VB/Zanghellini

Im Premiumbereich ist dieser Liechtensteiner Nahrungsmittelhersteller in der ersten Reihe.

Schaan 1934 von Toni Hilti als Scana Konservenfabrik gegründet, orientierte sich das Unternehmen in seiner Strategie stets an den sich ändernden Ernährungsgewohnheiten – so wurden 1961 neben den bekannten Gemüsekonserven auch Tiefkühlprodukte produziert.

Als erstes Unternehmen in der Schweiz und Liechtenstein produzierte Hilcona ab 1984 frische Pasta industriell und erschloss damit einen völlig neuen Markt. Im vergangenen Geschäftsjahr wurde ein Rekordumsatz von über 540 Millionen Franken realisiert: ein Plus von 10,8 Prozent.

Martin Henck führt den Lebensmittelhersteller seit 2012 und sorgte für kontinuierliches Wachstum. <span class="copyright">FA</span>
Martin Henck führt den Lebensmittelhersteller seit 2012 und sorgte für kontinuierliches Wachstum. FA

Heute sind die Frischeprodukte – am bekanntesten sind die Pastaprodukte – zusammen mit den Ultrafrisch-Erzeugnissen mit rund 70 Prozent das Kerngeschäft der Liechtensteiner. Hilcona produziert an den Standorten Schaan (LI) und Orbe (CH) frische, tiefgekühlte und halt­bare Convenience-Produkte wie Frischgerichte, verschiedene Pastakreationen, Sandwiches, Konserven und zahlreiche weitere Produkte. Am Standort Landquart (CH) befindet sich das Kompetenzzentrum für vegetarische und vega­ne Produkte. Diese Manufaktur hat zahl­reiche Neuerungen wie Tofu aus Schweizer Biosoja oder pflanzenbasierte Fleischalternativen für Burger, Fleischkäse, Hackfleisch und Tatar hervorgebracht, die u. a. unter der Marke Green Mountain vermarktet werden. Im deutschen Bad Wün­nenberg produziert und vermarktet Hilcona Convenience-Produkte für den deutschen Markt. Hilcona ist in ihrem Segment Marktführer in der Schweiz und zudem ein bedeutender An­bieter für Frischpasta in Deutschland und in Österreich. Hilcona ist außerdem in Frankreich und in den Beneluxländern aktiv.

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Derzeit ist der Stammsitz in Schaan eine große Baustelle. Insgesamt werden 120 Millionen Franken in den Werksentwicklungsplan investiert, wie CEO Martin Henck im Gespräch mit den VN berichtet. Es gehe darum, sich für die Zukunft zu rüsten, und die stellt sich für den Marktführer bei Frische- und ultrafrischen Produkten positiv dar – denn der Unternehmens-DNA ist man in Schaan bis heute treu geblieben. Das Unternehmen produziert – in mehreren Units und unter mehreren Marken – für verschiedene Kunden und unterschiedliche Märkte.

Hilcona Hauptquartier in Schaan. Derzeit wird das Areal, die Produktion und die Logistik zukunftsfit gemacht. <span class="copyright">FA</span>
Hilcona Hauptquartier in Schaan. Derzeit wird das Areal, die Produktion und die Logistik zukunftsfit gemacht. FA

Green Mountain wurde als Spin-off des Unternehmens gegründet, nachdem Henck den Markt und die wichtigsten Unternehmen in den USA vor Ort besuchte. „Was tun“, sei die Frage gewesen und im Unternehmen habe man sich entschieden, das bereits aktive Kompetenzzentrum in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Der Name lag für Henck auf der Hand: Wir produzieren in Landquart in den Bergen. Die ersten fleischfreien Patties überzeugten auch kritische Genießer, sie wurden u. a. mit dem Swiss Vegan Award ausgezeichnet. Inzwischen haben die Patties eine ganze Familie weiterer Produkte bekommen, die Produktpalette werde laufend erweitert, so Henck. Die Marke zielt insbesondere auf Flexitarier ab, die sich entschlossen haben, ihren Fleischkonsum einzuschränken und zu Alternativen zu greifen. Der Markt entwickelte sich besonders in der Corona-Zeit sehr dynamisch, inzwischen sei das Wachstum zwar etwas zurückgegangen, doch weiterhin sehr gut. In der weiteren Entwicklung gehe es zum einen um regionale Grundprodukte und die Produktion ohne Zusätze, zwei Trends, die für alle Bereiche gelten.

Frisch, frischer, ultrafrisch

Deutlich gewachsen ist auch das Sortiment an Ultrafrische-Produkten, eine echte Herausforderung. Ultrafrisch, das sind Sandwiches, Salate, Müslis, die nur ganz kurz haltbar – eben ultrafrisch – sind und deshalb für Unternehmen und den Retailhandel logistisch schwierig zu handeln sind. „Wir versorgen die Schweizer Händler über Nacht mit den frisch zubereiteten Waren.“ Die Frischwaren haben im Gegensatz zur ultrafrischen Range eine Haltbarkeit von rund zwölf Tagen. Neben den eigenen Marken ist Hilcona stark im Private-Label-Markt verankert. „Wir produzieren für praktisch alle Handelsketten in der Schweiz, Deutschland und Österreich Eigenmarken.“ Ein weiteres Standbein des Unternehmens, das rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt, davon am Hauptstandort Schaan „rund 42 Prozent Österreicher“, ist die Belieferung der Gastronomie mit Halbfertigprodukten. Auch Kantinen und Eventunternehmen zählen zur Kundschaft.

Mit dem Slogan „Für Besseresser“ wurde das Unternehmen, das seinen Sitz im Hochlohnland Liechtenstein hat, international bekannt. <span class="copyright">VB/Zanghellini</span>
Mit dem Slogan „Für Besseresser“ wurde das Unternehmen, das seinen Sitz im Hochlohnland Liechtenstein hat, international bekannt. VB/Zanghellini

Im Jahr werden rund 500 bis 600 neue Produkte entwickelt. Leiter der Kulinarikabteilung ist der Vorarlberger Spitzenkoch Julian Hämmerle, der im Restaurant Guth genauso sein Können zeigte wie beim Schweizer Ausnahmekoch Andreas Caminada. Für die Entwicklung neuer Produkte arbeite man mit Trendscouts, etwa von Betty Bossi, zusammen. Nachhaltigkeits- und Marktthemen erarbeite man mit Universitäten, etwa der HSG oder der ETH, gibt Henck Einblick in die Umsetzung der Unternehmensstrategie, die – wie in der Unternehmensgeschichte – stets den Wandel der Konsumentenanforderungen im Blick behält. Mit Erfolg, wie die Zahlen beweisen.

Zur Person

Martin Henck

geboren 1963, ist seit dem Jahr 2012 CEO beim Liechtensteiner Lebensmittelhersteller Hilcona. Seit 2015 ist er auch Mitglied der Leitung der Bell Food Group, welche seit 2011 am Liechtensteiner Unternehmen beteiligt war und 2017 auch die restlichen Anteile der Gründerfamilie Hilti übernommen hat.

Henck hat an der ETH Zürich Milchwirtschaft und Verfahrenstechnik studiert und ist Dipl. Lebensmittelingenieur. Sein erster Karriereschritt führte ihn zur Swiss Dairy Food AG, er war bei der Toni AG Leiter der Forschung und Entwicklung, bevor er im Nestle Konzern als Vice President für Mövenpick Fine Foods Verantwortung übernahm und später das Global Unit für Mövenpick Ice Cream übernahm. Von 2008 bis 2011 war er Global Marketing und Business Leader für Premium-Schokolade, bevor er zu Hilcona wechselte.