Wie es beim Metaller-Kollektivvertrag jetzt weitergeht

Markt / 16.11.2023 • 19:40 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Den Beginn machten die Arbeiter und Angestellten des Beschlägeherstellers Grass, zahlreiche weitere Unternehmen wurden und werden ebenfalls bestreikt. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Den Beginn machten die Arbeiter und Angestellten des Beschlägeherstellers Grass, zahlreiche weitere Unternehmen wurden und werden ebenfalls bestreikt. VN/Paulitsch

Grosse Hoffnung bei Metallern auf nächste Verhandlungsrunde – KV-Gespräche im Handel abgebrochen.

Wien, Schwarzach Am Mittwoch forderten beim Streik bei der Firma Blum sowohl Mitarbeiter wie Betriebsräte und Geschäftsführer Philipp Blum die Wiederaufnahme der Kollektivvertragsverhandlungen in der Metalltechnischen Industrie, auch bei Grass in Höchst betonten Mitarbeiter aus der Produktion, dass sie eigentlich gar nicht streiken wollen, sondern auf einen fairen Abschluss hoffen. Nun keimt wieder Hoffnung, denn nach der Streikwoche, die noch nicht zu Ende ist, haben sich die Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern immerhin auf einen weiteren Verhandlungstermin geeinigt.

Streiks gehen weiter

Am Montag werden die unterbrochenen Kollektivvertragsverhandlungen fortgesetzt. Der Streik der Arbeitnehmer dauert indes in Österreich wie auch in Vorarlberg an, weitere Streiks sind heute, Freitag in den Werken von Collini in Bludesch und am Hauptsitz in Hohenems anberaumt, auch bei Hydro in Nenzing wird es zu einem Streik kommen. “In zahlreichen weiteren Unternehmen werden Betriebsversammlungen durchgeführt”, so Wolfgang Fritz, Landesvorsitzender der der Produktionsgewerkschaft Pro-GE auf VN-Anfrage. “Es schaut nicht so schlecht aus. Ich hoffe, dass wir am Montag zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen” gibt sich der Betriebsratschef von Grass optimistisch. Und stellt dennoch die Rute ins Fenster: “Wenn es nicht klappt, werden wir weiter streiken. Die Leute stehen hinter uns.”

<p class="caption">Mit Tröten und Plakaten wird die KV-Forderung unterstützt.</p>

Mit Tröten und Plakaten wird die KV-Forderung unterstützt.

Froh über den neuen Verhandlungstermin ist auch der Geschäftsführer der GPA (Gewerkschaft Privatangestellte) in Vorarlberg, Marcel Gilly: “Damit wird dem Wunsch vieler Arbeitnehmer entsprochen, die eine Weiterführung der Verhandlungen gefordert haben”. Die Chance auf ein Ergebnis schätze er jedenfalls hoch ein. “Es muss eine faire Gehaltserhöhung geben”, sonst, so Gilly wie Fritz, “sind mehr Mitarbeiter als bisher bereit, für einen guten KV-Abschluss zu kämpfen”.

<p class="caption">Die Mitarbeiter bei Hydro Nenzing werden heute, Freitag, streiken. <span class="media-container dcx_media_rtab" data-dcx_media_config="{}" data-dcx_media_type="rtab"> </span><span class="marker"><span class="copyright">FA</span></span></p>

Die Mitarbeiter bei Hydro Nenzing werden heute, Freitag, streiken.  FA

Die Arbeitgeber-Vertreter betonten am Donnerstag einmal mehr, sie seien immer verhandlungsbereit gewesen, würden sich aber auch nicht vor Streiks fürchten. “Die wirtschaftliche Situation ist für die meisten Betriebe sehr schwierig, viele beginnen bereits Arbeitsplätze abzubauen. Streiks gießen Öl ins Feuer, anstatt dass wir gemeinsam für sichere wirtschaftliche Rahmenbedingungen sorgen”, so Christian Knill, Obmann des Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie (FMTI). Klar sei, dass sich auch die Gewerkschaften bewegen müssten, “denn Verhandlungen sind keine Einbahnstraße”, betonte Knill.

Stillstand im Handel

Während bei den Metallern weiterverhandelt wird, wurden die Verhandlungen im Handel abgebrochen. Nach nur vier Stunden war Schluss mit Reden. Die Sozialpartner haben ihre Verhandlungen über für über 430.000 Handelsangestellte österreichweit abgebrochen und auf den 28. November vertagt. Die Arbeitgeber boten unabhängig von der Gehaltsstufe ab 2024 ein Plus von 5 Prozent an und zusätzlich eine Einmalzahlung von 800 Euro. Die Gewerkschaft GPA machte ein Gegenangebot mit einer sozialen Staffelung, nämlich eine Gehaltserhöhung von 9,5 Prozent und einen Fixbetrag von 40 Euro.

Die Arbeitnehmervertreter wollen nun die unterbrochenen Betriebsversammlungen in der kommenden Woche wieder aufnehmen. “Die Arbeitgeberseite ist aus unerfindlichen Gründen nicht bereit, ordentliche Verhandlungen zu führen“, ärgert sich der Vorsitzende des Wirtschaftsbereichs Handel in der GPA Vorarlberg und Mitverhandler, Arthur Tagwerker. Arbeitgebervertreter und Handelsobmann Rainer Trefelik beklagte, “dass die Gewerkschaft heute absolut nicht bereit war, ernsthaft über unser Angebot zu diskutieren”.

Das sagen die Arbeitgeber

Wien Nach dem Abbruch der dritten Runde der Handelskollektivvertragsverhandlungen durch die Gewerkschaft mahnt der Handelsverband mehr Rationalität und Verantwortungsbewusstsein ein. Die heutigen Handlungen der Arbeitnehmervertreter:innen zeugen nicht nur von einer fragwürdigen Verhandlungskultur, sondern lassen auch auf fehlende Kompromissbereitschaft schließen. Denn nachdem die Gewerkschaft eine 11%-Wunschforderung erhoben hat und die Arbeitgeberseite heute ein attraktives 11%-Kombiangebot zu dessen Abdeckung geschnürt hatte, um den Beschäftigten die Wertschätzung auch finanziell auszudrücken, erhöhte die Gewerkschaft ihre Forderung einfach auf nunmehr 11,55%.

Wien. “Nachdem die Arbeitgeber ein 11% Kombiangebot gelegt haben, sollte es das Interesse der Gewerkschaft sein, möglichst vielen Beschäftigten den Erhalt auch tatsächlich zu ermöglichen. Anstatt auf die Arbeitgeberseite zuzugehen und das Angebot redlich zu würdigen, wie das die Arbeitgeber getan haben, hat die GPA ihre ursprüngliche Forderung von 11 Prozent Gehaltsplus kurzerhand nochmals auf 11,55 Prozent erhöht. Die Arbeitnehmervertretung sucht hier bewusst das Trennende und nicht das Einende. Kompromissbereitschaft? Fehlanzeige!”, kommentiert HV-Geschäftsführer Rainer Will den heutigen Verhandlungsabbruch.

Erwähnt sei auch, dass die heimischen Händler seit zwei Jahren reale Umsatzverluste verkraften müssen und heuer bereits mehr als 6.000 Standorte schließen mussten. Viele Handelsbetriebe stehen an der betriebswirtschaftlichen Kippe.

“Jede Maßnahme, welche die betrieblichen Abläufe behindert, führt nur dazu, dass das Angebot der Arbeitgeberseite geringer ausfallen kann. Denn wenn man den Kuchen bewusst und vorsätzlich verkleinert, dann darf man sich auch nicht wundern, wenn es weniger zu verteilen gibt. Wir hoffen sehr, dass man sich in der Redlichkeit, wie es die Arbeitgeber mit der Forderung der Arbeitnehmerseite getan haben, auch Gewerkschafts-intern auseinandersetzt und statt destruktiver Kampfmaßnahmen wieder auf Verhandlungen setzt. Der nachhaltige Arbeitsplatzerhalt muss für beide Seiten im Vordergrund stehen”, so der Sprecher des österreichischen Handels. (Österreichischer Handelsverband)

Handel: Das sagen die Arbeitnehmer

Wien Die 3. Verhandlungsrunde für die 430.000 Angestellte und 15.000 Lehrlinge wurde heute von den Arbeitgebern unterbrochen. Nach dem Angebot der Arbeitgeber machte die Gewerkschaft GPA ein Gegenangebot mit einer sozialen Staffelung, nämlich eine Gehaltserhöhung von 9,5 % und einen Fixbetrag von 40 Euro.

Wien. “Das Angebot der Arbeitgeber von einer Gehaltserhöhung von nur 5 Prozent entspricht bei weitem nicht den Erwartungen der Beschäftigten und liegt weit unter der rollierenden Inflation von 9,2 Prozent. Es ist nicht seriös und irreführend, abermals Einmalzahlungen in eine prozentuelle Erhöhung einzurechnen, weil diese keine dauerhafte Wirkung haben. Wir bedauern es, dass die Arbeitgeber nicht auf unseren Vorschlag einer sozialen Staffelung mit einer stärkeren Anhebung der unteren Gehälter oder einer Kombination von Freizeittagen und Geld eingegangen sind”, sagt die Chefverhandlerin der Gewerkschaft GPA, Helga Fichtinger.

“Wir werden nun die unterbrochenen Betriebsversammlungen wieder aufnehmen, die Kolleginnen und Kollegen informieren und Beschlüsse für Streikmaßnahmen fassen. Die Angestellten im Handel brauchen eine faire Abgeltung der Inflation. Eines ist gewiss: Die Beschäftigten stehen mehr denn je hinter uns”, so der Vorsitzende des GPA Wirtschaftsbereichs Handel in der GPA, Martin Müllauer. (GPA)