Wie Sebastian von der Skaterhalle in die Vinothek gefunden hat

Markt / 17.11.2023 • 17:20 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
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Sebastian Spiegel nutzt sein kommunikatives Talent, um Wein und Mensch zusammenzubringen. VN/Paulitsch (4)

Sebastian Spiegel war fast schon „Berufsjugendlicher“, als er eine neue Leidenschaft entdeckte und umsattelte.

Dornbirn Die Eisengasse in Dornbirn ist für viele in der Gartenstadt „the place to be“: Interessante Geschäfte, reges Leben und seit 2018 die Vinothek „Weinstein Finewine“, die auch in einer Großstadt eine gute Figur machen würde. Heuer wird Geburtstag gefeiert, erzählt Sebastian Spiegel, Eigentümer, Wirt und Sommelier an mittlerweile zwei Standorten und mit vier Geschäftsbereichen. Angestoßen auf sein zweites Berufsleben wird am Donnerstag, den 23. November im Kulturhaus Dornbirn. Ab 15 Uhr findet dort die von ihm organsierte „Wine Time“ statt. Nicht einfach eine Weinmesse, sondern – wenn man so will – eine Bildungsveranstaltung, denn bei den sogenannten Masterclasses erkunden künftige Sommelières und Sommeliers – nämlich Gastronomielehrlinge (die kostenlos daran teilnehmen können) – genauso wie ambitionierte Weinkenner mit ausgewiesenen Experten verschiedene Weinstile, Weinbaugebiete und Sorten.

Für Wein begeistern

Dass er nicht nur wirten und handeln, sondern auch Menschen für das Produkt Wein begeistern will, ist wohl Spiegels bisherigem Berufsweg geschuldet. Denn gelernt hat er die Profession des Sommeliers erst, als er von seiner Familie zum runden Geburtstag einen Kurs in der Weinakademie geschenkt bekam. Bevor er Weinbotschafter wurde, war er Sozialarbeiter. Dem ersten „Schnupperstudium“ in der Weinakademie in Rust folgte nämlich eine fundierte Ausbildung, die Spiegel 2018 abschloss – Titel der Diplomarbeit: „Wasser predigen, Wein trinken“ – Der Konsument von morgen zwischen Alkoholprävention und Rauschtrinken. Methoden, um Jugendliche zum moderaten Weinkonsum heranzuführen“. 

Fast Berufsjugendlicher

„Ich war sehr lange jugendlich“, berichtet Spiegel lachend im Gespräch mit den VN über seine erste Laufbahn. Nach seinem Studium der Sozialarbeit an der FH Vorarlberg und intensiver Beschäftigung mit dem Skateboard und der alternativen Musikszene arbeitete der Dornbirner in der Jugendarbeit, konkret in der Organisation der Vorarlberger Skaterhalle in Dornbirn, gründete das Kulturcafé Schlachthaus und baute den Jugendtreff in Höchst auf. „Beim Kochen mit den Jugendlichen habe ich das Mahl zelebriert. Guter Wein und eine edle Glasserie waren deshalb bald selbstverständlich“, erzählt Spiegel. Ab 2012 arbeitete der heutige Vorstand der Weinakademiker als Berufsausbildungsassistent in der Begleitung und im Coaching von Lehrlingen.

Kunst und Wein – für Spiegel eine gute Kombination. In den Vinotheken finden wechselnde Ausstellungen statt.
Kunst und Wein – für Spiegel eine gute Kombination. In den Vinotheken finden wechselnde Ausstellungen statt.

Zu dieser Zeit war der Dornbirner bereits mit dem Virus Rebensaft infiziert. Besuchte Weingüter, nahm an Verkostungen teil und gründete 2016 mit Gleichgesinnten den Club Weinstein, auch die erste Wine-Time-Veranstaltung fand damals statt. Wein sei ein Thema, das niemals langweilig werde, und ein Beitrag von ihm sei es, neue Entdeckungen bekannt zu machen bei den Gästen in den mittlerweile zwei Lokalen, die er führt. Er wünscht sich, seine Weinauswahl im Idealfall auch auf Weinkarten guter Restaurants zu bringen und so für mehr Abwechslung im Glas zu sorgen. „Da haben wir tolle Partnerschaften mit Toprestaurants in ganz Österreich, zum Beispiel mit dem Tian in Wien oder dem Schiff in Hittisau.“ Für die von ihm in den Lokalen, online und im Großhandel angebotenen Weine hat der begeisterte Weinvermittler klare Anforderungen: „Es müssen herkunftstypische Weine sein, die ihr Terroir, ihre Region beispielhaft präsentieren.“ Und natürlich soll bei bester Qualität der Tropfen auch im Sinne des Wortes „preiswert“ sein. Eine Übersicht ist bei der Wine Time zu gewinnen. Zum Wohl.

Das Weinstein Finewine gibt es in Dornbirn und Hohenems.
Das Weinstein Finewine gibt es in Dornbirn und Hohenems.

Zur Person

Sebastian Spiegel

Geboren 3. April 1980 in Feldkirch

Aufgewachsen/wohnhaft Dornbirn

Familie ledig, in fester Beziehung, keine Kinder

Werdegang/Laufbahn Kurzzeitig Studium Politikwissenschaft/Ethnologie Universität Wien, Fachhochschule Vorarlberg Sozialarbeit (Mag. FH), Offene Jugendarbeit Dornbirn und Höchst 2006 bis ca. 2012, Berufsausbildungsassistent 2012–2018, Weinakademie Österreich 2014–2018, Vorstand Weinakademiker Club für Österreich-West, 2017 Gründung Weinstein Finewine, 2018 Eröffnung der Vinothek in Dornbirn

Sebastian Spiegel über Weinstein

„Der Einstein in Weinstein“ und „Wein macht nicht nur blau, sondern auch schlau“ waren die ersten Aufhänger des 2016 gegründeten Vereins Club Weinstein. Aus diesem heraus entwickelte sich in Folge eine stabile weinaffine Community und ernstgemeinte Weinliebhaberei. Das Geschäft aus der elterlichen Garage und die Pop-up-Events Wine Time reichten aber nicht aus, sondern machten hungrig auf mehr. So ist aus einer Vision und aus viel Leidenschaft im Jahr 2018 die Vinothek Weinstein Finewine entstanden. 

„Es war keine Realisierung eines Traums. Träumen tu ich jede Menge, Sodom und Gomorrah, und nicht von 80 Wochenstunden, davon ein Teil harte gastronomische Arbeit. Ich hätte es mir später vorgeworfen, wenn ich es nicht gemacht hatte“, so Spiegel auf die Frage, warum er eine Vinothek in Dornbirn eröffnete und ob es sein Traum war, einmal so ein Geschäft zu betreiben. „In der Kaffeehausszene nebenan hat man mir sechs Monate gegeben, bis ich wieder zusperren muss, und wie in Vorarlberg üblich war man mir sogar das Zahnweh neidig. Vieles hat sich getan in den letzten Jahren, und wenn man das Feuer und die Vision hinter Weinstein Finewine kennt, dann erweckt es den Eindruck, dass das bislang erst der Anfang war und noch lange nicht das Ende.“

Wine Time – Weinmesse

23. November, Kulturhaus Dornbirn

– Wine Tasting mit internationalen Winzerinnen und Winzern von 15 bis 21 Uhr
– Pop-up-Classroom mit Masterclasses laut Programm

WEINGÜTER/WINZER:INNEN

Cesare Bussolo (Piemont)
De Stefani (Venezien)
Grabenwerkstatt (Wachau)
iTamasotti (Venezien)
Georg Schneider (Thermenregion)
NeueHeimat (Südsteiermark)
Castello Del Terriccio (Toskana)
Pedalones (Wien)
Knewitz (Rheinhessen)
Anton Zöhrer (Krems)
Weingut Jurtschitsch (Kamptal)
Stefan Rosner (Kamptal)
Siro Pacenti (Montalcino)
Weingut Fabich (Weinviertel)

MASTERCLASSES
Andreas Wickhoff MW: Die „neue“ Sektpyramide in Österreich

Florian Hopf: „Riesling und Terroir – same same but different.“

Andreas Wickhoff MW: „In Pursuit Of Balance 2.0“

André Drechsel (Tian Wien – Rolling Pin Sommelier Of The Year 2023): „Die Weinwelt des André Drechsel“