Die längste Kaffeepause Europas

Mehr als bald drei Jahre Rezession sind kein Konjunkturproblem mehr, sondern ein echtes Mentalitätsproblem. Als Unternehmer merke ich vor allem eines: Österreich hat sich eingerichtet.
Wir haben uns an die Komfortzone des Mittelmaßes gewöhnt – solange alles ruhig ist, scheint es uns gutzugehen. Aber Ruhe ist bekanntlich kein Wirtschaftsmodell. Der eigentliche Schaden entsteht nicht nur in den Jahresabschlüssen, sondern ganz besonders in den Köpfen. Unser Land hat sich an die Vorstellung gewöhnt, dass Wachstum gefährlich, Veränderung unangenehm und Erfolg verdächtig laut ist.
Man könnte auch sagen, die linken Ideologen haben in den letzten Jahren leider einen guten Job gemacht. Wir agieren wie ein Unternehmen, das seit Jahren keine Entscheidung mehr trifft, aber ständig neue Regeln für den Entscheidungsprozess erfindet. Österreich ist nicht überfordert – es ist unterfordert. Was mich als Unternehmer wirklich erschreckt: Der Stillstand wird mittlerweile als Normalzustand akzeptiert. Wir reden über “Herausforderungen”, als wären sie Wetterphänomene. Nein: Rezession ist kein Schicksal. Sie ist die Quittung dafür, dass wir uns Innovation schönreden, Risiko wegregulieren und Verantwortung delegieren.
Mir fehlt nicht Geld, nicht Talent, nicht technologische Basis. Mir fehlt ein Standort, der nicht nur verwaltet, sondern gestaltet. Der Unterschied zwischen beiden ist enorm: Verwalten heißt, Probleme so lange zu sortieren, bis es keine Zeit mehr für Lösungen gibt. Gestalten heißt, Dinge einfacher zu machen als gestern. Und genau dort scheitern wir. Wir bräuchten keine hundert Maßnahmen. Wir bräuchten ein Signal: Dass dieses Land Menschen, die etwas vorantreiben, nicht länger behandelt wie Menschen, die etwas verhindern müssen. Dass Geschwindigkeit nicht der Feind der Sorgfalt ist. Dass Wertschöpfung keine moralische Krise ist. Dass Erfolg nicht entschuldigt werden muss.
Die Rezession ist nicht unser größtes Problem. Unser größtes Problem ist, dass wir gelernt haben, mit ihr zu leben. Österreich könnte in zwei Jahren wieder ein Vorreiter sein – wenn wir uns trauen würden, auch nur eine unserer heiligen Kühe ansatzweise zu bewegen. Aber Mut ist hierzulande die knappste Ressource. Nicht Kapital. Stillstand entsteht, wenn alle auf ein Zeichen warten. Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir Unternehmer damit anfangen, eines zu setzen.