Ungleiche Freundschaft

Sean Penn hat Jacob Ostreicher aus einem Gefängnis in Bolivien gerettet. Seitdem sind die beiden befreundet.
Lima. Alles begann mit dem Versuch, ein scheiterndes Investment-Projekt in Bolivien zu retten. Es entwickelte sich ein Albtraum in einem Dritte-Welt-Gefängnis. Der Höhepunkt war eine mysteriöse Flucht mit der Hilfe von Schauspieler Sean Penn. Doch ein Happy End wie in einem Hollywood-Film hat es bislang für Jacob Ostreicher nicht gegeben. Ein Jahr nach seiner Rückkehr in die USA kämpft der 55-Jährige mit angeschlagener Gesundheit und versucht noch immer, wieder Fuß zu fassen.
„An manchen Tagen funktioniere ich nicht“, sagte er. „Es ist schwierig, ein neues Leben zu beginnen“, so Ostreicher in einem Interview. Der ehemalige Fußbodenleger lebt allein in Los Angeles, ist auf die Unterstützung anderer angewiesen. Sein größter Wohltäter ist jedoch Schauspieler und Oscar-Preisträger Sean Penn.
2011 war Ostreicher, ein orthodoxer Jude, in Bolivien unter dem Vorwurf der Geldwäsche verhaftet worden. Tatsächlich wollten korrupte Beamte jedoch offenbar nur an die Werte eines 25-Millionen-Dollar schweren Reis-Anbau-Projekts, bei dem Ostreicher ein kleiner Investor war.
Das Aleph-Institut, das sich für inhaftierte Juden einsetzt, wandte sich an Schauspieler Mark Wahlberg mit der Bitte, Penn zu kontaktieren, der für seine guten Kontakte zu linksgerichteten lateinamerikanischen Politikern bekannt ist. Penn war schnell überzeugt, dass Ostreicher unschuldig in Haft saß. Auf ein Schreiben an den bolivianischen Präsidenten Evo Morales mit der Bitte um Intervention erhielt er eine hinhaltende Antwort. So enthüllte Penn selbst, wer die Verantwortlichen für die Korruption und Erpressung im Zusammenhang mit dem Reisprojekt waren und löste damit einen Riesenskandal aus. Am Ende wurden 14 bolivianische Beamte zu Gefängnisstrafen verurteilt, einige flohen aus dem Land. Penn sorgte dafür, dass Ostreicher in ein Krankenhaus verlegt wurde, weil dieser wegen eines Hungerstreiks als Protest gegen seine Inhaftierung keine 55 Kilo mehr wog. Er ließ seine guten Beziehungen nach Bolivien spielen, besorgte venezolanische Sicherheitskräfte, um Ostreicher vor Racheakten der Erpresser zu schützen.
Obwohl Ostreicher mehr als 30 Gerichtsanhörungen überstanden hatte, wollte er in Bolivien bleiben, bis die Vorwürfe gegen ihn ausgeräumt sind. Penn überzeugte ihn zu gehen. Doch zunächst konnte Penn nur erreichen, dass die Haft in einem Hochsicherheitsgefängnis in Hausarrest umgewandelt wurde. Wie Ostreicher dann tatsächlich das Land verlassen konnte, ist bis heute nicht klar. Weder er noch Penn wollen darüber im Detail sprechen.
Während seiner Zeit in Bolivien war seine Ehe in New York zerbrochen. Penn nahm ihn bei sich auf. Auch die Familie Penns und dessen Freunde halfen. Penn stand ihm weiter in einigen der schwersten Momente bei – unter anderem als sich Ostreichers Tochter mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern zu einem Wiedersehen angekündigt hatte.

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