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U2 veröffentlicht 14. Studioalbum unter dem Titel „Songs Of Experience“.
London Es war ein merkwürdiger Moment, als U2 vor Kurzem bei den MTV Europe Music Awards mit dem „Global Icon Award“ geehrt wurden. Nach rund 40 Jahren im Musikgeschäft wirkten U2 zwischen angesagten Künstlern wie Shawn Mendes oder Stormzy fehl am Platz. Schon vor Jahren hatte Sänger Bono im Interview erklärt, seine Band befinde sich musikalisch „am Rande der Irrelevanz“. Mit ihrem neuen Album „Songs Of Experience“ müssen die Iren nun zeigen, dass sie nicht nur von der erfolgreichen Vergangenheit zehren.
Das 14. Studioalbum von U2 beginnt zutiefst melancholisch. „This Is No Time To Be Alive“ singt Bono fast zerbrechlich im Opener „Love Is All We Have Left“. Ist es der Frust über die öffentliche Schelte nach den Enthüllungen der Paradise Papers, in denen sein Name in Zusammenhang mit Steuervermeidung auftaucht? Heuchlerei wurde Bono vorgeworfen, der sich gern als Weltverbesserer inszeniert. Oder bezieht er sich auf den Shitstorm zum letzten Album „Songs Of Innocence“, das iTunes-Nutzern ungefragt auf ihr Gerät geladen wurde und dann auch kommerziell enttäuschte?
Mit der melancholischen Ruhe ist es vorbei, wenn bei „Lights Of Home“ die verzerrten Gitarren einsetzen. Zwar wirkt auch dieser Song inhaltlich zuerst bedrückend. „I Shouldn‘t Be Here Cause I Should Be Dead“ („Ich dürfte nicht hier sein, weil ich tot sein müsste“) heißt es in der ersten Strophe. Unter den 13 neuen Songs sind aber auch einige starke Melodien. Und wenn „Get Out Of Your Own Way“ oder „Red Flag Day“ auch mal nach Bands wie The Killers und Coldplay klingen, sollte man sich in Erinnerung rufen, dass U2 einst Inspiration für die heutigen Weggefährten waren.
Der zähe Entstehungsprozess mit verschiedenen Produzenten hat dem neuen Album nicht geschadet. U2 besinnen sich auf alte Qualitäten, auf starke, gut produzierte Rocksongs mit eingängigen Melodien. Das Paradebeispiel dafür ist die Single „You‘re The Best Thing About Me“, die geradezu gemacht ist für Auftritte in großen Fußballstadien.