Domingo verlässt Met

Nach „MeToo“-Vorwürfen zieht der Startenor Konsequenzen.
New york, Wien Statt Ovationen ein sang- und klangloser Abschied: Opernstar Plácido Domingo und die New Yorker Metropolitan Opera gehen nach den Vorwürfen der sexuellen Belästigung und unter dem wachsenden Druck der US-amerikanischen Öffentlichkeit nach 51 Jahren getrennte Wege. An der Met hatte der damals 27-Jährige 1968 den internationalen Durchbruch geschafft. Nun steuert eine der größten Opernkarrieren einem bitteren, unfreiwilligen Ende entgegen. Nur rund 24 Stunden vor seinem geplanten Auftritt bei der Premiere von „Macbeth“ teilte der „Tenorissimo“ am Dienstagnachmittag (Ortszeit) überraschend mit, er habe bei der Opernleitung um sofortige Entbindung von seinen Pflichten gebeten. Der 78-Jährige gab zu verstehen, dass er an der Met – wo er 706 Mal als Sänger und 169 Mal als Regisseur das Publikum begeisterte – nie wieder auftreten werde.
„Opfer einer Vorverurteilung“
In einer Mitteilung an Medien bezeichnete sich Domingo als Opfer einer Vorverurteilung. „Ich weise die Anschuldigungen gegen mich entschieden zurück und mache mir Sorgen um ein Klima, in dem Menschen ohne angemessene Untersuchungen verurteilt werden.“ Domingo stellt klar, dass sein Abgang kein Schuldeingeständnis bedeute. Er wolle nur nicht, dass sein Auftritt in der „Macbeth“-Inszenierung „von der harten Arbeit meiner Kollegen auf und hinter der Bühne“ ablenkt. Die jüngste Kostümprobe zu „Macbeth“ sehe er als seinen „letzten Auftritt auf der Bühne der Met“ an. Die ersten Anschuldigungen gegen Domingo hatten Mitte August die Opernwelt erschüttert. Mehrere Sängerinnen hatten Domingo damals im Zuge der „MeToo“-Bewegung gegen sexistisches und sexuell übergriffiges Verhalten von Männern teils Jahrzehnte zurückliegende Belästigungen vorgeworfen. Anschließend folgten Beschuldigungen weiterer Frauen. Insgesamt rund 20 Frauen beschuldigten bisher Domingo. Bis auf zwei sagten alle anonym aus. Einige Opernhäuser und Orchester, darunter die Häuser in Philadelphia, San Francisco und Dallas, sagten nach den erste Beschuldigungen Auftritte Domingos ab. In der Wiener Staatsoper sieht man dagegen weiterhin keinerlei Grund, von den für 25. und 28. Oktober sowie für 1. November geplanten Auftritten Domingos als „Macbeth“ abzusehen. Man verweist dort gegenüber der APA auf gültige Verträge und eine unveränderte Situation, in der die erhobenen Vorwürfe gegen Domingo rechtlich weiter unbewiesen bzw. ungeklärt seien. Vergangene Woche war hingegen die für 20. Oktober in der Wiener Staatsoper geplante Ehrung Domingos mit dem Europäischen Kulturpreis abgesagt worden. „Plácido Domingo und das Europäische Kulturforum haben gemeinsam entschieden, die Auszeichnung auf den 3. Oktober 2020 in Bonn zu verschieben“, hieß es von den Veranstaltern.
„Ich weise die Anschuldigungen gegen mich entschieden zurück.“
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