“Kräuter geben mir Halt”

Elisabeth Maria Mayer (52), Gartenplanerin, Kräuterexpertin und Buchautorin: „Ein Stückchen Erde mit Pflanzen kann ein ganzes Universum sein.“
Schwarzach, Lochen Am See Die Vorarlberger Gartenplanerin, Kräuterfee und Buchautorin Elisabeth Maria Mayer lebt mit ihrer Familie und arbeitet in Lochen am See. Seminare gibt sie derzeit nicht, aber schöpft Kraft aus der Natur.
Welche Kräuter, wie zubereitet, können Sie derzeit empfehlen, um das Immunsystem zu stärken?
Also essenziell nährend und stärkend ist zu jeder Jahreszeit die Brennnessel, diese kombiniere ich jetzt in der kalten Jahreszeit mit der Vogelmiere, die gut winterhart ist. Bis vor kurzem war es auch noch möglich, Spitzwegerich zu ernten. Aus diesen Kräutern bereite ich gerne in der kühleren Jahreszeit einfache Suppen zu: Etwas Vollkornmehl in Butter anschwitzen, mit Wasser aufgießen und etwas einkochen lassen. Erst zum Schluss die Kräuter beigeben, diese sollen ja nicht lange kochen. Dann kann man die Suppe pürieren, würzen und mit Rahm verfeinern. Auch Kürbis verarbeite ich zu Suppen und gebe Brennnesselsamen dazu. Ich habe das große Glück, in meinem Gewächshaus auch in der kalten Zeit frische Brennnesseln und andere Kräuter ernten zu können, natürlich nur in Kleinmengen, denn eigentlich sollten wir jetzt auf Vorräte zurückgreifen und die Pflanzen draußen dem „Kleinen Volk“ überlassen.
Wie sieht Ihr Lebensalltag seit Corona aus? Hat sich bei Ihnen etwas geändert?
Natürlich hat Corona alles verändert. Viele VN-LeserInnen kennen mich ja von diversen Veranstaltungen im Ländle, wo ich mit unserem „Eisfee-Eis zauberhafte Eiskreationen aus dem Kräutergarten“, aber auch mit meinen Büchern, die ich in Fachvorträgen vorstelle, unterwegs bin. Leider konnte ich heuer fast keine Aktivitäten durchführen, ein geschäftliches Horrorjahr. Ich hoffe jetzt auf Verkäufe durch meinen Webshop. Natürlich hat sich durch Corona auch meine Tagesroutine geändert, ich habe sehr viel Zeit zu Hause, in meinem Garten, mit meiner Familie und mit unseren Tieren. Auch finde ich es sehr schön, meine Kinder beim Homeschooling begleiten zu können.
Was nehmen Sie Positives aus diesen widrigen Umständen für sich mit?
Positives zu sehen ist in dieser Zeit besonders wichtig, denn Dankbarkeit und Achtsamkeit hängen eng mit Lebensqualität und Lebenskraft zusammen. Ich genieße es sehr, heuer viel „geschenkte“ Zeit zu haben. Im ersten Lockdown sind wir ja geradewegs in den Frühling gedriftet und es war wunderbar, den Garten erwachen zu sehen und die ersten Kräuter bewusst zu verwenden, bewusst mit der Bitte an die Pflanze um Stärkung und Heilung. So im Alltag ist die Kräuternutzung mehr verwischt, versteckt, nicht so bewusst und auf jeden Fall mit viel weniger Aufmerksamkeit auf den unschätzbaren Wert unserer heimischen Kräuter. Mit Corona war halt, wie ich finde, etwas von der alten Zeit zu spüren, als die sprießenden Frühlingskräuter wichtig und essenziell für die Ernährung und die Heilung nach der kargen Winterzeit erwartet wurden. Jetzt im Herbst ist es anders, wir gehen in die traditionell ruhige, karge Jahreszeit hinein, da fragt man sich, ob es genügend Kräutervorräte gibt, um die Familie, Freunde und Verwandte zu versorgen. Ich konnte heuer meine Vorräte an mediterranen Kräutern nicht auffüllen, weil wir nicht verreist sind. Da denke ich mit Sehnsucht an meine Sammelstellen für Salbei und Bohnenkraut in Kroatien.
Führen Sie Kräuter-Workshops jetzt digital durch?
Für meine Kräuterkurse, die übers Jahr geplant sind, brauche ich Planungssicherheit. Diese war 2020 nicht gegeben, daher habe ich alle Kurse auf 2021 verschoben. Online ist für mich keine Option, denn der unmittelbare Bezug zur Pflanze, den ich für meine Kursteilnehmenden herstellen will, die Sinnlichkeit so eines Tages, kann ich nur im direkten Kontakt vermitteln. Es wird ja auch viel gerochen, gekostet und gekocht. Und natürlich ist jeder Kurs einzigartig, weil er auch mit den Teilnehmern lebt und sich anpasst. Es gibt zum Glück meine Bücher.
Wie oft sind Sie noch in Ihrer Heimat Vorarlberg?
Sehr gerne und so oft es die Zeit zulässt. Ich habe auch Familie hier und ich freue mich immer, wenn ich meine berufliche Tätigkeit als Kräuterfee oder Eisfee mit längeren Besuchen verbinden kann.
Ihr Buch Kräutercocktails, Powersmoothies und Gesunde Cocktails passt, um sich für die kalte Jahreszeit zu wappnen?
Ja natürlich. Hier findet sich so einiges aus Wildfrüchten und Kräutern, was das Immunsystem stärkt und die Lebensgeister weckt. Einfache Rezepte zum Selbermachen. Auch vieles, was sich noch als selbst gemachtes Weihnachtsgeschenk eignet, wie Liköre und Bitters.
Wie kam es zu dem Buch, zur Idee?
Meine Bücher warten immer schon in meinem Kopf darauf, dass ich Zeit habe, sie zu tippen. Das ist nur im Winter möglich, da ist Zeit, Muße und Ruhe. Oftmals ist der Drang, alles niederzuschreiben so groß, dass ich gar nicht mehr wegkomme von meinem Arbeitsplatz. Ich finde das sehr gemütlich. Meine Katzen sitzen bei mir, ich kann in den winterstarren Garten sehen, die Welt um mich wird klein, und in meinem Kopf entsteht die Fülle aller Jahreszeiten, üppig wie ein Paradiesgarten. Für mich war es sehr spannend, die Kräuterheilkunde anders aufzurollen, nämlich über die Aromen, die Optik und die Inhaltsstoffe, die sich zu peppigen Getränken kombinieren lassen.
Was ist Ihr Lieblingsgetränk? Sind Sie eher auf der süßen oder sauren Seite?
Mein absoluter Favorit ist alles, was die Früchte vom Holdunderstrauch enthält. Egal ob Hollersirup nur mit Soda aufgespritzt, heißer Hollerpunsch oder kräftiger Likör. Ich liebe diesen Geschmack, den ich von Klein auf von meiner Oma kenne. Und ich bin eher süß unterwegs, aber keinesfalls überzuckert, denn viele Kräuter schmecken ja von Natur aus süßlich. Früchte sowieso. Alkohol brauche ich eigentlich gar nicht, er dient bei mir eher zum Koservieren.
Was machen Sie, um sich zu stärken?
Ich liebe es, in der Natur zu sein, am See, im Wald, aber natürlich auch in meinem Garten, immer wieder was Neues zu planen und umzusetzen. Im ersten Lockdown habe ich zum Beispiel den alten Schafstall, einen Bauwagen, in ein tinyhouse umgebaut, wo ich künftig meine Kurse machen möchte. Kräuter geben mir Halt, ihr Duft, der Geschmack, sich hinzusetzen und Kräuter zu verarbeiten, die getrockneten Büschel abzunehmen, die Blättchen abzurebeln und sie zu verarbeiten, das ist etwas, das unsere Vorfahren an langen Abenden gemacht haben. In dieser Tradition weiterzugehen gibt Sicherheit und Zuversicht. Heuer bekommen alle von mir Kräuterkissen mit Schafwolle, Moxa-Beifuß, Mädesüß und Minze zu Weihnachten.
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