„Man muss sich halt drauf einlassen“

Tom Schilling über die Zusammenarbeit mit Florian Henckel von Donnersmarck und sein Image.
Berlin Die Biografie des bedeutenden Malers Gerhard Richter hat Oscar-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck zu diesem Film inspiriert: In „Werk ohne Autor“ schildert der Regisseur den Werdegang eines aus Dresden stammenden Künstlers vor dem Hintergrund der wechselvollen deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Der Maler Kurt Barnert wird in dem dreistündigen Kinofilm von 2018, der am 28.12. als Free-TV-Premiere im Ersten zu sehen ist, von Tom Schilling gespielt, in weiteren Hauptrollen sind Sebastian Koch und Paula Beer zu sehen. Bei der Oscarverleihung 2019 war „Werk ohne Autor“ in zwei Kategorien nominiert, ging aber leer aus.
Herr Schilling, der Film „Werk ohne Autor“ erzählt eine Künstlerbiografie vor dem Hintergrund der wechselvollen deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. Geht es mehr um Kunst oder mehr um Geschichte?
Schilling Da würde ich keinem der beiden Themen einen Vorrang geben, sowohl Kunst als auch Geschichte sind wichtig. Es geht im Film in erster Linie ums Leben, ums Leben dieser Hauptfigur, die ein großer Künstler ist, und natürlich auch um die Zeit, in der er lebt, und um Identität.
Der Film ist mit drei Stunden sehr lang.
Schilling Stimmt, und das ist vielleicht nicht mehr zeitgemäß. Man muss sich natürlich fragen, ob die Menschen heutzutage für so etwas bereit sind, viele schaffen es ja nicht mal mehr, einen Artikel in der Zeitung zu Ende zu lesen. Aber ich glaube nicht, dass der Film zu lang ausgefallen ist. Man muss sich halt drauf einlassen. Meine Empfehlung: Smartphone ausschalten und den Film gucken wie im Kino. Florian Henckel von Donnersmarck hat es ganz gut auf den Punkt gebracht, als er gesagt hat: „Wenn ein Film gut ist, kann er nicht lang genug sein, und wenn er schlecht ist, nicht kurz genug.“
Wie war denn die Zusammenarbeit mit dem bekannten Regisseur?
Schilling Wir hatten wahnsinnig viele Drehtage, was mit der Länge des Films, aber auch mit Florians Präzision zusammenhing. Er ist ein Regisseur, der ganz genaue Vorstellungen davon hat, wie ein Satz gesprochen werden muss oder wie der Faltenwurf von einem Kleid aussehen muss. Das ist über einen langen Zeitraum schon herausfordernd, aber man sieht dem Film diese Akribie auch an, glaube ich.
Sie spielen einen Maler, dessen Figur an den echten Künstler Gerhard Richter angelehnt ist. Kennen Sie sein Werk?
Schilling Mittlerweile ja, weil ich mich in Vorbereitung auf den Film ja mit seiner wie auch mit den Biografien anderer Künstler der deutschen Nachkriegszeit auseinandergesetzt habe. Natürlich habe ich mich auch mit Richters Bildern befasst. Ich finde seine Malerei ganz fantastisch, ich bin vor allem Fan seiner „Seestücke“, die er in den Siebzigerjahren gemalt hat. Er ist ein toller Künstler mit einem faszinierenden Werk.
Lieben Sie die Malerei?
Schilling Ja, sehr. Ich wollte in meiner Jugend Maler werden und hatte auch eine Kunstlehrerin, die ein gewisses zeichnerisches Talent bei mir entdeckt und mich auch gefördert hat. Dann kam aber die Schauspielerei dazwischen.
Zurzeit haben es viele Schauspieler ja nicht gerade einfach.
Schilling Stimmt, das gilt vor allem für Theaterschauspieler, die ja nicht auftreten können. Vor allem die von den freien Bühnen hat die Coronakrise schwer erwischt, fürchte ich, die Kollegen an den staatlichen Häusern sind ja ein bisschen besser abgesichert. Auch Musiker haben es sehr schwer. Ich persönlich kann mich eigentlich gar nicht beklagen, als Filmschauspieler bin ich ganz gut beschäftigt – ich habe im Sommer unter strengen Auflagen die Serie „Ich und die Anderen“ für Sky gedreht. Darin spiele ich einen Mann, der mit seinem Leben unzufrieden ist. Da wurden vor einer großen Szene schon mal 300 Komparsen durchgetestet, das ist natürlich enorm kostspielig und zeitaufwendig. Das wäre Stand heute wohl nicht mehr möglich.
In „Werk ohne Autor“ sind Sie zum dritten Mal in kurzer Zeit als Künstler zu sehen. Wie kommt’s?
Schilling Das hängt wohl mit meinem Image zusammen, dass diese Rollen ganz gut zu mir passen. Als großen Casanova oder kerniges Raubein sehen mich die Regisseure wohl weniger – und ich mich selber auch nicht (lacht). MAW
Zur Person
Tom Schilling
zählt seit vielen Jahren zu den renommiertesten deutschen Schauspielern
Geboren 1982 in Ost-Berlin
Laufbahn Durchbruch im Jahr 2000 mit dem Film „Crazy“, seitdem zahlreiche Filmen wie „Elementarteilchen“, „Oh Boy“ und „Woyzeck“. In Heinrich von Breloers Zweiteiler „Brecht“ Rolle als junger Bertolt Brecht.
Familie Frau und Kinder
Hobby Tennisspielen