Dem Guten und Schönen verpflichtet

Menschen / 27.09.2021 • 18:34 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Seiner Leidenschaft zur Musik ist der Lustenauer immer treu geblieben. 

Seiner Leidenschaft zur Musik ist der Lustenauer immer treu geblieben. 

Erdin Kamoglu aus Lustenau lebt beim Jugendrotkreuz seine Überzeugung.

Lustenau Seit April arbeitet der junge Familienvater als Bereichsleiter für das Vorarlberger Jugendrotkreuz. Zu seiner Leidenschaft für das Rettungswesen kam Erdin Kamoglu erst vor wenigen Jahren, im Rahmen seines Zivildienstes beim Roten Kreuz in Lustenau. Heute trägt er seine Uniform, als hätte er nie etwas anderes gemacht.

„Die helfende Hand“

Schon als Kind sah sich Kamoglu als „helfende, reichende Hand“. Seine alevitischen Eltern legten großen Wert auf die humanistische Erziehung ihres Sohnes. Sie vermittelten ihm die Wichtigkeit der Gleichberechtigung der Geschlechter und dass man Kindern auf Augenhöhe begegnen sollte. „Es sind dieselben Werte wie wir sie beim Roten Kreuz vermitteln“, betont der 29-jährige Lustenauer.

Seine erste große Leidenschaft war die Musik. Mit acht Jahren lernte er als Autodidakt das Spielen der Saz-Gitarre. Damals gab es dafür noch keinen Unterricht im Land, also wurde er sein eigener Lehrer und Schüler. Später in der Hauptschule ist ein Lehrer auf sein Talent aufmerksam geworden und hat ihm die Welt des Jazz eröffnet. Kamoglu begann Klavier- und Gesangsunterricht zu nehmen und entschloss sich nach seiner Zeit am BORG Schoren für ein Studium am Vienna Music Institute. In Wien begann er zusätzlich als Musiklehrer zu arbeiten, neben Klavier und Gesang unterrichtete er auch die Saz-Gitarre und wurde damit für viele zum Lehrer, den er selbst nicht hatte. „Am Anfang habe ich die Leute in Wien auf der Straße begrüßt, so wie man es in Vorarlberg tut“, erzählt der Musiker mit lachender Miene. Die Jahre in Wien seien sehr wichtig für ihn gewesen, aber mit der Zeit wuchs das Heimweh in ihm heran.

Von der Musik zur Rettung

Da er seinen Zivildienst noch ablegen musste, entschied sich Kamoglu dies in seiner Heimatgemeinde zu machen: „Ich habe meine Familie, aber auch die Berge und das Grüne vermisst. Ich dachte mir, in den neun Monaten kann ich schauen, ob es mir in meiner alten Heimat gefällt.“ Der Musiker kam schnell zu einem klaren Urteil: „Die neun Monate gebe ich nicht mehr her. Auch wenn ich manchmal schockiert war, wie manche die Blaulichtorganisationen ausnützen, schaue ich mit einem lachenden Auge zurück. Die Kraft, die man bekommt, wenn man alten und gebrechlichen Menschen hilft, ist unglaublich groß.“

Pädagoge geblieben

Nach seinem Zivildienst als Rettungssanitäter wechselte der Lustenauer in die Verwaltung des Roten Kreuzes. Dort wurde Roland Gozzi, der ehemalige Geschäftsführer des Roten Kreuzes in Vorarlberg, auf den Musiker und seine pädagogischen Fähigkeiten aufmerksam und fragte ihn, ob er sich eine Arbeit im Jugendbereich vorstellen könnte. Bereitwillig nahm Kamoglu das Angebot an. Seitdem steht er im laufenden Kontakt mit den Lehrerinnen und Lehrern des Landes. Unter den zahlreichen Projekten des Jugendrotkreuzes liegt ihm besonders das Schüler-Magazin „Gemeinsam Lesen“ am Herzen. „Die Lesekultur darf nicht verloren gehen. Mit unserem Magazin wollen wir humanistische Werte vermitteln und bei schwierigen Fragen helfen. Wie gehe ich mit andersdenkenden Menschen um? Wie leiste ich Erstrettung? Was mache ich, wenn mein Sitznachbar bewusstlos umkippt? Als Gesellschaft sollten wir in der Lage sein zu helfen“, betont der überzeugte Rettungspädagoge. Mit Stolz verweist er auf die 100 Lehrerinnen und Lehrer, die in Vorarlberg zu Lehrbeauftragen für Erste Hilfe ausgebildet wurden: „Als Pädagoge ist es mir wichtig, dass wir früh damit anfangen, Kindern Erste Hilfe beizubringen. Daher ist es unser Ziel, an jeder Schule im Land ein bis zwei Lehrbeauftragte zu haben. Diese können dann unterm Jahr ihren Schülern zeigen, was man im Notfall macht, denn wir haben nur ein Leben und im Zweifelsfall zählt jede Sekunde.“ VN-SAV

„Die humanitäre Wertevermittlung liegt mir besonders am Herzen.“

Als Bereichsleiter koordiniert er zahlreichen Projekte, um jungen Menschen Erste Hilfe und humanitäre Werte näherzubringen.

Als Bereichsleiter koordiniert er zahlreichen Projekte, um jungen Menschen Erste Hilfe und humanitäre Werte näherzubringen.

Auf „Gemeinsam Lesen“, das Magazin des Jugendrotkreuzes, ist Erdin Kamoglu besonders stolz. VN/LERCH
Auf „Gemeinsam Lesen“, das Magazin des Jugendrotkreuzes, ist Erdin Kamoglu besonders stolz. VN/LERCH

Zur Person

Erdin Kamoglu

Geboren 29. 11. 1991, Lustenau

Ausbildung BORG Schoren, Jazz-Gesang und -Klavier am Vienna Music Institute

Laufbahn  Musikschullehrer an der Vienna Music School, Bereichsleiter Jugendrotkreuz Vorarlberg

Familie verheiratet, ein Sohn