„Damals rümpften viele die Nase“

Menschen / 29.07.2022 • 22:05 Uhr / 4 Minuten Lesezeit

Rudi Cerne moderiert seit 20 Jahren die Fahndungssendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“.

Mainz Rudi Cerne über 20 Jahre als Moderator von „Aktenzeichen XY“ (3. August, 20.15 Uhr, ZDF), berührende Fälle, den Trend zu True Crime im Fernsehen und wie er selber mal Opfer einer Straftat wurde.

 

Herr Cerne, vor 20 Jahren wurden Sie Moderator von „Aktenzeichen XY“. Wie kam es dazu?

Cerne Hans Jahnke, der damalige Fernsehspielchef des ZDF, hatte mich angerufen und mir angeboten, die Moderation von XY zu übernehmen. Das kam für mich sehr überraschend. Ich war mit zwei Kollegen auf einem Parkplatz in der Provence in Frankreich unterwegs während der Tour de France, von der ich fürs ZDF berichtet habe.

 

Was hat sich seit 2002 an der Sendung geändert?

Cerne Wir haben in der Sendung immer an den Stellschrauben gedreht. Im Kern sind wir uns natürlich treu geblieben. Schließlich geht es ja in erster Linie um die realistische Darstellung der Fälle. Da darf es keine Ablenkung geben.

 

Verfolgen die gezeigten Verbrechen Sie bis in den Schlaf?

Cerne Manche Fälle beschäftigen mich schon noch einige Zeit, die Sendung hängst du nicht wie einen Anzug in den Schrank. Aber ich habe einen ganz guten Mechanismus, um auch nach der Ausstrahlung emotional abzuschalten. Ich schlafe gut.

 

Welcher Fall ist Ihnen in den 20 Jahren am meisten unter die Haut gegangen?

Cerne Es gibt so viele, aber der Fall der kleinen Levke Straßheim hat mich sehr berührt. Das 8-jährige Mädchen ist 2004 von ihrem Mörder vor der Haustür abgepasst worden. Er hatte sie ins Auto gelockt, sexuell missbraucht, getötet und in einem Wald abgelegt. Die kleine Darstellerin in unserem Film sah Levke zum Verwechseln ähnlich. An diesen Fall muss ich oft denken.

 

Was entgegnen Sie Kritikern, die sagen, „Aktenzeichen XY“ instrumentalisiere reale Verbrechen für Unterhaltungszwecke?

Cerne Öffentlichkeitsfahndung ist ein sehr probates Mittel für die Kriminalpolizei und da hat das Fernsehen die größte Reichweite. Insofern setzen wir den Bildschirm zielführend zur Verbrechensbekämpfung ein, ganz im Sinne des Erfinders Eduard Zimmermann.

 

Waren Sie eigentlich selber schon mal Opfer einer Straftat?

Cerne Ja, mir ist in den 80er-Jahren ein Auto geklaut worden, da war ich mit „Holiday on Ice“ unterwegs in Südfrankreich. Das war an einem Sonntag mit zwei Vorstellungen, die Täter wussten genau, dass wir alle auf dem Eis waren und haben genau den richtigen Moment abgepasst. Also ein echter Klassiker.

 

Und wie war es, als Sie selber für einen Verbrecher gehalten wurden?

Cerne Das war am 27. Dezember 1978 – den Tag habe ich nicht vergessen. Man hat mich mit Christian Klar verwechselt, der damals einer der meistgesuchten Terroristen war. Ich bin von München nach Düsseldorf geflogen, und irgendjemand glaubte, in mir Klar erkannt zu haben. Dann folgte das ganze Programm. Nach 20 Minuten hatte sich die Sache aufgeklärt.

 

Wie bewerten Sie den Trend zu True-Crime-Sendungen?

Cerne Ich muss schmunzeln. Als ich XY vor 20 Jahren als Moderator übernahm, rümpften viele die Nase und glaubten, da werde eine Sendung an die Wand gefahren. Jetzt gibt es immer mehr Nachahmer. Insofern sind wir Trendsetter.

 

Schauen Sie privat viele Krimis – und wenn ja, welche besonders gern?

Cerne „Die Rosenheim-Cops“, auch weil ich da selbst mal mitgespielt habe. MAW

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