“Ich glaube an das Gute, genauso wie ans Böse”

Joe Bausch über sein neues Buch und seine Zeit als Gefängnisarzt.
Berlin Seine Auftritte sind meistens nur kurz, bleiben aber im Gedächtnis: Seit 25 Jahren verkörpert Joe Bausch an der Seite von Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär den kahlköpfigen Gerichtsmediziner Joseph Roth im Kölner „Tatort“. Doch er ist nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Autor erfolgreich: In seinem neuen Buch „Maxima Culpa – Jedes Verbrechen beginnt im Kopf“ geht es um wahre Fälle und die Frage, was Menschen zu Mördern macht.
Herr Bausch, in Ihrem Buch geht es um wahre Morde und andere Verbrechen. Kann man sagen, dass viele schwere Straftaten in gewissem Sinne soziale Unfälle sind?
Bausch Es hat mich schon immer interessiert, was dazu führt, dass Menschen böse werden, und oft lassen sich in der Biografie eines Mörders tatsächlich Entwicklungen ablesen, die man als sozialen Unfall bezeichnen könnte. Das Problem dabei ist nur, dass es solche Entwicklungen auch bei vielen anderen Menschen gibt, die eben nicht zum Mörder werden. Bei Mord und Totschlag lassen sich keine Algorithmen finden, mit denen man alles erklären kann. Warum wird der eine zum Mörder und der andere nicht? Diese spannende Frage beschäftigt mich schon lange.
Kann trotzdem prinzipiell jeder zum Mörder werden?
Bausch Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, dass man jeden dazu bringen kann zu töten, zum Beispiel in Kriegszeiten. Aber nicht jeder kann zum Mörder werden. Wenn Sie ein Spektrum haben von Mutter Teresa auf der einen und Charles Manson auf der anderen Seite, dann liegen die allermeisten Menschen irgendwo in der Mitte. Unser Interesse gilt natürlich mehr den Figuren an den Rändern, völlig klar.
Glauben Sie an das Böse?
Bausch Dass es das Böse gibt, steht für mich außer Frage. Das hat jetzt nichts mit Religion zu tun, aber ich glaube an das Gute, genauso wie ich an das Böse glaube. Es gibt einfach Menschen, die zu erschreckenden und bösen Taten in der Lage sind.
Hatten Sie während Ihrer langen Zeit als Gefängnisarzt öfter mal Kontakt mit wirklich bösen Menschen?
Bausch Ja, hatte ich.
Wie erkennt man die?
Bausch Man spürt das, wenn so jemand den Raum betritt, ein Mensch, der offenbar zu keinerlei Empathie fähig ist. Da friert man regelrecht. Wenn ich solchen Leuten begegnet bin und mich dieses Frösteln überkommen hat, dann hat sich das nachher fast immer in den Akten bestätigt, warum die im Gefängnis sind.
Wie haben Sie sich bei solchen Strafgefangenen als Gefängnisarzt Respekt verschafft?
Bausch Indem ich immer ganz klar war – klar in den Ansagen, klar in der Diktion und auch klar in meiner Gefühlswelt. Man muss seiner Intuition und seiner Erfahrung vertrauen, die natürlich im Lauf der Zeit immer größer wird. Respekt verschafft man sich, indem man authentisch ist und auch macht, was man sagt.
Sie spielen seit 25 Jahren den Gerichtsmediziner Joseph Roth. Macht es nach wie vor Spaß?
Bausch Immer noch. Ich habe mit Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär zwei Kollegen, mit denen ich auch privat befreundet bin, und wir machen so weiter. Solange ich mich noch zur Filmleiche runterbücken kann und alleine wieder hochkomme, bin ich dabei (lacht).
Was ist grausiger: die kriminelle Realität oder der „Tatort“?
Bausch Die kriminelle Realität ist grausiger, weil das alles tatsächlich so passiert ist. maw