Zum Experten in eigener Sache berufen

Klaus Brunner kämpft als Selbstvertreter für die Bedürfnisse von beeinträchtigten Personen.
von Emilia Kennerknecht
Götzis Es sei eine Zumutung für die anderen Kinder. So wurde Klaus Brunners Eltern erklärt, dass es für ihr Kind keinen Platz im Kindergarten gibt. Er selbst wisse dies nur noch vom Hörensagen, erklärt er. Von Geburt an sitzt Klaus Brunner aufgrund eines Ärztefehlers im Rollstuhl. Doch seine Beeinträchtigung hält ihn nicht davon ab, sich für andere Menschen einzusetzen.
Seit mittlerweile neun Jahren ist der heute 51-Jährige als Selbstvertreter der Lebenshilfe tätig. “Es macht mich sehr glücklich, es ist einfach meine Berufung”, erzählt Brunner stolz.

Eines seiner größten Anliegen ist die Barrierefreiheit. Dies betrifft nicht nur Menschen mit Beeinträchtigung, sondern auch ältere Menschen und Mütter mit Kinderwagen. Dies geht in der Gesellschaft oftmals unter. Auch die Aufklärung an Schulen ist ein Steckenpferd von Klaus Brunner. Sein ganzes Leben lang habe er hauptsächlich mit beeinträchtigten Menschen Kontakt gehabt. Er selbst besuchte im Schulheim Mäder den Kindergarten und die Schule. “Ich habe oft das Gefühl, Menschen mit und ohne Beeinträchtigung kennen sich gar nicht wirklich”, äußert er sich. Dadurch fiel es ihm in der Vergangenheit oft schwerer, mit Menschen ohne Behinderung in Kontakt zu gelangen.
Dennoch gibt es auch positive Beispiele, wo Menschen auf ihn zugehen. Eine für ihn sehr besondere Begegnung erlebte er in Dornbirn, als ihn Jugendliche ansprachen und ihn einluden, mit ihnen etwas zu trinken. “Wir blieben dann in Kontakt und sind auch heute noch befreundet”, freut sich der Dornbirner.

Auch der Kontakt mit Politikerinnen und Politikern zählt zu seinen Aufgaben als Selbstvertreter. “Es wäre sehr wichtig, dass wir Menschen mit Beeinträchtigung bei Entscheidungen der Politik miteinbezogen werden, denn wir sind Expertinnen und Experten in eigener Sache”, erläutert Brunner. Zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Selbstvertreter digitalisiert Klaus noch Hefte für ein Unternehmen und übernimmt Moderationsjobs für die Lebenshilfe.
Neben der Arbeit hier in Vorarlberg geht es für Klaus Brunner auch des Öftern nach Wien, wo er sich mit Selbstvertretern aus den anderen Bundesländern trifft. Ein kleiner Abstecher in sein Lieblingscafé Hawelka im ersten Bezirk darf, wenn es die Zeit zulässt, nicht fehlen.
“Ich bin dankbar für mein Schicksal, denn ohne dieses wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.”
Klaus Brunner, Selbstvertreter der Lebenshilfe
“Ich habe mich früher oft gefragt, warum genau ich so eine Beeinträchtigung habe”, erzählt Klaus Brunner. “Heute bin ich dankbar für mein Schicksal, denn ohne dieses wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.” Besonders stolz ist er, wenn die Umsetzung von Projekten funktioniert und er dadurch Menschen mit Beeinträchtigung hilft.

Seit mehreren Jahren lebt der gebürtige Dornbirner nun allein in einer Wohnung. “Ich habe zuvor bei meinen Eltern gelebt, aber ich habe mir oft Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn sie nicht mehr können”, erzählt Klaus Brunner. Unterstützung im Alltag bekommt Brunner von einer persönlichen Assistenz, die er vom Land zur Verfügung gestellt bekommt. Diese nimmt er morgens und abends in Anspruch. Die Stunden, in denen er die Assistenz in Anspruch nehmen kann, werden vom Land vorgegeben und sind knapp bemessen.
Klaus Brunner ist sehr dankbar für diese Möglichkeit, dennoch seien es in seinem Fall viel zu wenig Stunden, sodass Freizeitgestaltung fast unmöglich sei. “Ich bin nun einmal auf die Unterstützung von anderen angewiesen und das nicht nur fünf Tage, sondern sieben Tage die Woche”, erklärt der 51-Jährige resigniert. “Wenn ich zu wenig Stunden am Ende des Jahres habe, weiß ich nicht, wie ich meinen Alltag bewältigen soll.”
Zur Person
Klaus Brunner
Jahrgang 1971
Wohnort: Dornbirn
Ausbildung: Schulheim Mäder
Berufung: Selbstvertreter der Lebenshilfe Vorarlberg
Hobby: Stadtbummel
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