Aktivistin, Künstlerin und Lennon-Witwe

Yoko Ono, die dem Beatles-Sänger mächtig den Pilzkopf verdrehte, wird 90 Jahre alt. Bis heute muss sie von Fans viel Kritik einstecken.
New York Yoko Ono war immer dabei. Während die vier Beatles sich 1969 in einem Londoner Filmstudio trafen und mehrere Tage lang an neuem Material arbeiteten, aus dem ihr letztes gemeinsames Album „Let It Be“ werden sollte, war die Partnerin von Sänger John Lennon im Hintergrund stets anwesend. Sie las Zeitung oder beobachtete die Band – was sie aber nicht gemacht habe, sei eingreifen, sagte Regisseur Peter Jackson, der über diese Zeit die Doku „The Beatles: Get Back“ machte. „Sie war eine sehr freundliche Präsenz und mischte sich nicht im Geringsten ein.“
Kontroverse um Band-Auflösung
Trotzdem: Ono, die am Samstag 90 Jahre alt wird und seit der Ermordung von Lennon 1980 dessen Witwe ist, polarisiert. Manche Beatles-Fans werfen ihr bis heute vor, die Band auseinander gebracht zu haben, nennen sie „Drachenfrau“ oder „böse Hexe im Beatles-Märchen“. Sowohl Ono als auch die Band haben das immer anders gesehen. „Sie hat die Gruppe mit Sicherheit nicht auseinanderbrechen lassen, die Gruppe ist selbst auseinandergebrochen“, sagte Paul McCartney (80) einmal. Schon bevor sie Lennon kennenlernte, war Ono als Konzeptkünstlerin der Fluxus-Bewegung bekannt, hatte zweimal geheiratet und war Mutter einer Tochter. 1933 in Tokio in eine reiche Familie hinein geboren, musste sie sich gegen die traditionellen Vorstellungen ihrer Eltern wehren. 1971 entführt ihr zweiter Mann die minderjährige Tochter Kyoko. Mutter und Tochter sehen sich erst über zwei Dekaden später wieder. Inzwischen ist Kyoko selbst Mutter und Ono stolze Großmutter.
„Bahnbrechend, einflussreich“
Als Künstlerin sei Ono „historisch bedeutend, bahnbrechend und einflussreich“, wie der Direktor der Neuen Nationalgalerie in Berlin, Klaus Biesenbach, es formulierte. Ihre Kunst ist bei Ausstellungen rund um die Welt zu sehen. Außerdem kümmert sich Ono um Lennons Nachlass und setzt sich unermüdlich für den Frieden auf der Welt ein. In den vergangenen Jahren ist es etwas ruhiger um Ono geworden und Meldungen über Krankenhausaufenthalte haben ihre Fans beunruhigt. Via Twitter meldet sich die Künstlerin aber immer noch regelmäßig.
Zur schicksalhaften Begegnung zwischen Ono und Lennon kam es Ende der 60er-Jahre in einer Londoner Galerie: Die Künstlerin verdreht dem Beatles-Sänger so mächtig den Pilzkopf, dass er und seine „Muse“ oder „Göttin der Liebe“, wie er sie nennt, fortan unzertrennlich sind. Das Paar heiratet 1969. Die Welt darf am Liebesglück und den pazifistischen Happenings teilhaben: Die Flitterwochen verbringen sie beim „Bed-In“ im Hotelzimmer vor Journalisten – als Statement gegen Krieg. „Make love, not war!“ wird Botschaft und Hymne der beiden. Lennon wurde mit Ono zum Hippie. Die Solokarriere gelingt ihm nicht, er flüchtet in Alkohol und Rauschgift. Ono und Lennon trennen sich und kommen wieder zusammen. Erst Sean, der gemeinsame Sohn, der 1975 geboren wird, sorgt für Beständigkeit.
Dann bricht am 8. Dezember 1980 für viele eine Welt zusammen. Vor dem New Yorker Dakota-Gebäude, in dem die Lennon-Witwe bis heute lebt, erschießt Mark Chapman den Musiker. Nur Stunden zuvor hatte Starfotografin Annie Leibovitz das Paar noch gemeinsam nackt auf dem Bett fotografiert. „Johns Tod war das Schlimmste“, sagte Ono. Sie stößt auf Unverständnis, als sie auf der Platte „Season of Glass“ ein Foto der blutigen Brille Lennons veröffentlicht. Nun wird sie zur „Schwarzen Witwe“, zum geldgierigen „Nachlasshai“.



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