Der Inklusion verpflichtet

Judith Bechtold konzipierte die Ausstellung „Für ein gutes Leben mit Behinderung“.
Lochau Es war die Therapeutin ihrer Tochter Eva, die Judith Bechtold (67) auf die Bemühungen von Eltern aufmerksam machte, für ihre mit Handicap geborenen Kinder ein gutes Umfeld zu schaffen. Für die Mutter erwies sich das als Hoffnungsschimmer. „Die geplante Gründung des Vereins Integration Vorarlberg gab mir die Zuversicht, dass Eva dabei sein kann und wir doch nicht ganz am Rande der Gesellschaft leben müssen“, erinnert sich Bechtold. Auch deshalb half die Lochauerin von Anfang an mit. Die Integration von Menschen mit Behinderung voranzutreiben erwies sich als anstrengend, aber: „Für Eva tat sich ein guter Weg auf.“ Mit nur 21 ist Eva verstorben. 15 Jahre ist das nun schon her, ihre Mutter indes immer noch Teil des Vereins. Judith Bechtold fühlt sich weiterhin der Inklusion verpflichtet. „Sie ist mir ein Herzensanliegen“, sagt sie, denn es betrifft auch viele andere Menschen. Heute beschäftigt sich die ausgebildete Architektin jedoch vor allem mit dem Bereich Wohnen und wünscht sich für Menschen mit Behinderung „ein paar lässige WGs“. Sie verspricht: „Ich bleibe dran, bis etwas Gutes zustande kommt.“ Bereits erfolgreich realisiert hat sie eine Ausstellung, die derzeit im Foyer des Landeskrankenhauses Feldkirch zu sehen ist.
Einblicke in Alltag
Neben der Begleitung, Unterstützung und Ermutigung von Eltern, den inklusiven Weg zu wagen, ist mit den Jahren auch der Wunsch gewachsen, die Öffentlichkeit für immer noch vorhandene Alltagsbarrieren zu sensibilisieren. Anlässlich des 30-jährigen Vereinsjubiläums entstand die Idee, eine Ausstellung mit diesem Ziel zu gestalten. Die Konzeption stammt von Judith Bechtold, Claudia Niedermair, Nicole Klocker-Manser und Ingrid Rüscher. Mütter und Väter wurden eingeladen, ihre Familiengeschichten zu erzählen und Einblicke in den Alltag von Familien mit Kindern mit Behinderung zu gewähren. Entstanden sind daraus fünf Videostationen über inklusive Lebenswege. Die Boxen dazu entwarf Bechtold. „Sie lassen sich gut transportieren und sind schnell aufgestellt“, erklärt sie. Die Geschichten, die von Hanno Mackowitz zu thematischen Collagen zusammengestellt wurden, berichten von emotionalen Achterbahnfahrten bei der Diagnose, berührenden Begegnungen und Glücksmomenten, vom Familienalltag, von großartigen Stützen auf dem inklusiven Weg, von Verletzungen, aber auch vom Scheitern.
LKH als gute Bühne
Die Rückmeldungen von jenen, die sich die Zeit genommen haben, in die Geschichten einzutauchen, beschreibt Judith Bechtold als sehr berührend. Die Ausstellung war bislang im WirkRaum der Caritas in Dornbirn, im Landhaus in Bregenz sowie im Frauenmuseum in Hittisau zu sehen. Derzeit macht sie Station im LKH Feldkirch. Rund 3500 Menschen frequentieren täglich das größte Spital im Land. „Eine gute Bühne, um Bewusstsein für unsere Anliegen zu schaffen“, befindet Judith Bechtold. Wichtig ist dem Verein aber auch der Kontakt zu den Ärzten. „Eine Behinderung des Kindes ist für eine Familie eines der einschneidendsten Erlebnisse überhaupt“, weiß Bechtold. Mediziner, die diese Botschaft überbringen, würden eine große Verantwortung tragen: „Es bedarf viel Sensibilität und Empathie, denn die Art und Weise, wie eine Diagnose übermittelt wird, bleibt für immer im Gedächtnis dieser Eltern und prägt auch die Auseinandersetzung und Umgangsweise mit dem Kind und der Gesellschaft.“ In der Öffentlichkeit auf diese Weise präsent zu sein, lasse mehr Verständnis entstehen, zeigt sich Judith Bechtold überzeugt und freut sich, dass die Ausstellung im LKH Feldkirch bereits auf große Resonanz stößt. VN-MM
„In der Öffentlichkeit auf diese Weise präsent zu sein, lässt Verständnis entstehen.“



Zur Person
Judith Bechtold
Alter 67
Wohnort Lochau
Beruf Architektin i.R.
Hobbys Lesen, Wandern, und sie ist gerne in Gesellschaft
Die Ausstellung im LKH Feldkirch ist noch bis 31. März 2023 zu sehen, weitere Informatioen: www.integration-vorarlberg.at
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