Wolf im Alpenraum: Emotionale Debatte über Herdenschutz spaltet Vorarlberg

Großer Andrang herrschte am Montagabend bei einer Podiumsdiskussion des Vorarlberger Agrarforums.
Darum geht’s:
- Debatte um die Präsenz des Wolfs in Vorarlberg
- Kontroverse zwischen Landwirten und Befürwortern des Wolfs
- Forderung nach professionellem Herdenschutz und Lösungen für die Kulturlandschaft
Hohenems Eines wird am Montagabend schnell klar: Der Wolf ist in Vorarlberg nicht erwünscht. Zumindest, wenn es nach den über 200 Landwirten, Älplern, Tierhaltern und Züchtern geht, die zum achten Vorarlberger Agrarforum in die Sporthalle des Bäuerlichen Schul- und Bildungszentrums nach Hohenems gekommen sind. Wolfsbefürworter sind nur wenige anwesend. Die Fronten sind verhärtet, das Thema ist für viele sehr emotional.
“Der Wolf muss Scheu vor den Menschen haben und nicht umgekehrt – soweit wird es nicht kommen”, poltert Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger im Zuge einer Podiumsdiskussion. Für Aussagen wie diese bekommt er von den Zuschauern viel Applaus. Wenn es um die Kontrolle der Wild-Population geht, setzt Moosbrugger lieber auf die heimischen Jäger als auf den Wolf. “Wir werden dafür kämpfen, dass vernünftige Alpwirtschaft auch in Zukunft möglich ist.”


Diskussion um Herdenschutz
Dafür bekommt der LK-Präsident große Zustimmung. Das zeigen die Wortmeldungen der anwesenden Tierhalter. Die sorgen sich um ihre Zukunft und sehen sich dem großen Beutegreifer ein Stück weit schutzlos ausgeliefert. Alois Rinderer, Obmann des Vorarlberger Schafzuchtverbandes, sagt beispielsweise: “Herdenschutz ist auf den meisten Alpen bei uns nicht möglich, wir wollen eine wolfsfreie Alpwirtschaft.” Ähnlich sieht das der Schweizer Biologe Marcel Züger, der von der Entwicklung und Lage um die Wolfsrudel in Graubünden berichtet hat. “Der Herdenschutz ist so gut, wie der des Nachbarn schlecht ist.”


Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Den Alpenraum für frei von Wölfen zu erklären, sieht der frühere Landesveterinär Dr. Erik Schmid als Illusion. Er stimmt zu, dass die Massaker ein Ende haben müssen, sieht aber die Landwirte in der Pflicht. Wenn professioneller Herdenschutz betrieben wird, kann die Zahl der Wolfsrisse zurückgehen. “Und dann kann der Wolf auch einen positiven Einfluss auf die Biodiversität haben.” Schmid nennt ein Beispiel: “Hühner müssen abends auch in den Stall getrieben werden, damit der Fuchs sie nicht holt.” Das stößt auf viel Unmut bei den Gästen.
Über 20 Wolfsrisse in diesem Jahr
Die Älpler haben die schlimmen Bilder aus diesem Jahr im Kopf. Über 20 Wolfsrisse zählten die Experten in Vorarlberg. Das sind mehr als in den gesamten fünf Jahren zusammen. Neben dem finanziellen Schaden leiden Hirte und Landwirte auch unter den traumatischen Folgen der Ereignisse. Darauf verweist auch der Psychiater Reinhard Haller. Er wohnt der Diskussion als Gast bei und meldet sich zu Wort.

Er geht gerne wandern und weiß die frei verbaute Natur, ohne Zäune und Gehege daher zu schätzen. “Mir geht es nicht gegen den Wolf. Er hat ein riesiges Ausbreitungsgebiet, aber muss er auch noch hier sein?”, fragt er stellvertretend für viele andere. Tierleid, Menschenleid und Tötungsfreiheit des Wolfs würden den Steuerzahler jährlich Geld kosten. “Ist das jedem hier 50.000 Euro wert? Mir nicht.”

Auf politischer Ebene ist mittlerweile auch Bewegung drin in Sachen Wolf. Der Landtag stimmt in der Sitzung am Mittwoch über zwei Gesetzesänderungen und ein neues Gesetz ab. Landesrat Christian Gantner berichtet, dass es bei der EU mittlerweile die Möglichkeit gebe, Vorschläge und Erkenntnisse vorzubringen. Er prognostiziert, dass es Bewegung geben werde, glaubt aber nicht an eine Änderung in der aktuellen Periode. Einer eben solchen Änderung bedarf es für viele in der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie, die den Wolf schützt. Die gibt es seit 1992, als der Wolf nicht nur in Vorarlberg, sondern im gesamten Alpenraum kein großes Thema war.

Heute sei die Situation eine andere, betonen Gantner und Co. Sie fordern daher, schnell eine Lösung zu finden. Um die heimische Kulturlandschaft zu erhalten. Ein Dialog zwischen den verschiedenen Parteien scheint derzeit aber schwierig. Das hat der Montagabend nämlich auch gezeigt.