Aus der Schublade herauskommen

Menschen / 16.11.2023 • 18:17 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Annahita Esmailzadeh auf dem 40. Vorarlberger Wirtschaftsforum.  <span class="copyright">steurer</span>
Annahita Esmailzadeh auf dem 40. Vorarlberger Wirtschaftsforum. steurer

Annahita Esmailzadeh (Microsoft) plädiert für mehr Diversität.

Bregenz “Was denkt ihr über die Männer auf dem Foto?” Gleich zu Beginn ihres Vortrags hat Annahita Esmailzadeh das Publikum beim Vorarlberger Wirtschaftsforum in ihren Bann gezogen. Bereits in ihrem Buch “Von Quotenfrauen und alten weißen Männern”, welches es auf den dritten Platz der Bestsellerliste schaffte, räumt die Microsoft-Führungskraft mit Vorurteilen auf. Besonders betont Esmailzadeh, wie wichtig Diversität ist: “Es gibt einige Diversitätsdimensionen. Sieben Stück sind bekannt. Unter anderem die ethnische Herkunft, die soziale Herkunft, körperliche und geistige Besonderheiten. Also Diversität ist viel, viel mehr als nur das Geschlecht. Obwohl wir, wenn wir darüber sprechen, immer nur Frau oder Mann vor Augen haben. Und das ist nur ein Teil, ein wichtiger Teil, aber bei Weitem noch nicht alles.”

Esmailzadeh brachte das Publikum mit ein. <span class="copyright">steurer</span>
Esmailzadeh brachte das Publikum mit ein. steurer

Dass Menschen dazu neigen, andere Personen gleich nach den ersten paar Sekunden in eine Kategorie zu stecken, habe einen evolutionären Hintergrund. “Wir sind angewiesen auf Vereinfachungen, wir sind angewiesen auf Schubladen, auf Kategorisierungen. Gefährlich wird es nur dann, wenn wir Menschen in Schubladen hineinstecken und sie dann von dort nicht mehr herausholen”, betont die Wirtschaftsinformatikerin. Dieses Schubladendenken mache sich nicht nur im Alltag bemerkbar, sondern ebenfalls im Berufsleben. “Angefangen beim alten weißen Mann, der vermeintlich um jeden Preis das Patriarchat aufrechterhalten will, der nichts auf Nachhaltigkeit gibt, bis zu der Quotenfrau, die nur ihres Geschlechts wegen eingestellt wurde”, erläutert sie. Um gegen die verankerte Denkweise anzukämpfen, sei es wichtig, die eigenen Vorurteile, die man gegenüber anderen hat, anzuerkennen und zu bekämpfen. “Nur wenn wir verstehen, dass wir Schubladen haben, können wir unsere Schubladen öffnen und Menschen da wieder herauslassen.” Umso wichtiger sei es, dass sich privilegierte Menschen mit diesem Thema auseinandersetzen, um die eigenen Privilegien zu erkennen. “Privilegien spürt man erst so richtig, sobald sie einem fehlen und nicht, wenn man sie hat.” 

Die Münchenerin ist Führungskraft bei Microsoft. <span class="copyright">steurer</span>
Die Münchenerin ist Führungskraft bei Microsoft. steurer

Die TECH-Welt

Die Tech-Welt ist hauptsächlich von Männern dominiert. Als Frau würde man oftmals nicht ernst genommen. Diese Erfahrung hat Esmailzadeh zu Beginn ihrer Karriere gemacht. “Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert und wollte mein Praktikum in der Entwicklungsabteilung machen. Ich stand dann dort in der neuen Abteilung und war total nervös, ich war Anfang 20 und es war mein erstes richtiges Praktikum und habe dann ganz verzweifelt nach meinem neuen Team gesucht”, schildert sie. “Dann kam mir ein Herr entgegen und ich bin auf ihn zugelaufen und meinte: ‘Hi, voll schön, dich kennenzulernen, ich bin Annahita und ich habe heute meinen allerersten Tag’. Und dann meinte er: ‘Hi, Anita’, also er hat erstmal meinen Namen falsch ausgesprochen. ‘Toll, dass du da bist, herzlich willkommen. Aber du hast dich leider verlaufen, weil die Entwicklungsabteilung ist hier, aber die Marketingabteilung, die ist im zweiten Stock.'” Auch sie wurde direkt in eine Schublade gesteckt. “Das war nämlich das erste Erlebnis in der Tech-Welt, wo ich gemerkt habe, okay, du passt da offensichtlich nicht so wirklich hin.”

Sie plädiert darauf, aus dem Schubladendenken herauszukommen. <span class="copyright">steurer</span>
Sie plädiert darauf, aus dem Schubladendenken herauszukommen. steurer

Obwohl es immer noch einen Unterschied in der Berufswelt zwischen den Geschlechtsdimensionen gebe, möchte sich die Münchenerin nicht komplett allein darauf fokussieren. “Ja, da ist diesbezüglich noch ein weiter Weg vor uns. Aber ich würde dafür plädieren, dass wir auch die Augen öffnen für alle anderen Dimensionen und zum Beispiel auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen Chancen geben, weil diese Menschen auch ganz tolle Talente sind und ebenfalls großen Mehrwert mitbringen für Unternehmen”, erklärt sie.

Laut Esmailzadeh  sollten sich Frauen öfter mehr trauen anzuecken im Berufsleben. <span class="copyright">rhomberg</span>
Laut Esmailzadeh sollten sich Frauen öfter mehr trauen anzuecken im Berufsleben. rhomberg

Doch einen Rat hat sie für Frauen in der Tech-Branche: “Keine Scheu davor zu haben, anzuecken. Man soll sich auch das mal trauen, weil Everybody’s Darling ist auch Everybody’s Depp.”

Annahita Esmailzadeh ist eine der Top-Stimmen auf Linkedin.<span class="copyright"> rhomberg</span>
Annahita Esmailzadeh ist eine der Top-Stimmen auf Linkedin. rhomberg

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