Ein Haus voller Kunst

Christoph Lissys Werke sind letztmalig am Ort ihres Entstehens zu sehen.
Hörbranz In einer seltenen und zugleich berührenden Form der Rückkehr öffnet das sogenannte Haus Lissy in Hörbranz an zwei Adventswochenenden seine Türen, um mehr als hundert Arbeiten des 1957 in Hörbranz geborenen Objektkünstlers Christoph Lissy zu präsentieren. Die Ausstellung ist insofern außergewöhnlich, als sie die Kunst an jenem Ort, an dem sie entstanden ist, letztmalig zugänglich macht und damit einen Einblick in die Werkstatt- und Lebenswelt eines der bedeutendsten Objektkünstler Westösterreichs ermöglicht.
Ursprünglich stand der Erwerb des Wohnhauses samt Werkstatt im Vordergrund. Doch rasch zeigte sich, dass die Räume weit mehr bargen als Wände, Böden und Erinnerungen. Über hundert Skulpturen, Gemälde und Collagen wurden darin sorgsam aufbewahrt gefunden, jedoch ohne geklärte Zukunft. Ein sechsköpfiges Team sichtete vier Monate lang die umfangreiche Sammlung, ordnete, dokumentierte und fügte sie schließlich zu einer Ausstellung zusammen, die die künstlerische Entwicklung Lissys über mehrere Jahrzehnte hinweg sichtbar macht.
Beim Rundgang durch die zwei Stockwerke des Hauses, das bis vor Kurzem keine Atelierfunktion erfüllte, begegnen Besucherinnen und Besuchern Lissys kraftvolle Stahlskulpturen – tonnenschwere Gebilde aus organischen und technischen Formelementen, aus Stahl, Gips und weiteren Materialien geformt. Diese raumeinnehmenden Arbeiten bilden das Rückgrat seines Schaffens und werden durch Collagen, Schriftblätter und Fotoübermalungen ergänzt. Mit schwarzer Tusche beschriebene Seiten, mit Schellack überzogen und mit Tempera verflochten, eröffnen eine poetische Seite des Künstlers. Sie dokumentieren Lissys Gedanken über Bildhauerei und Kunst, die Hubert Dragaschnig vom Theater Kosmos am Samstag, dem 13. Dezember, im Rahmen einer Lesung vortragen wird.

Musik spielte im Leben Christoph Lissys eine zentrale Rolle. Besonders Ludwig van Beethoven prägte ihn seit Kindheitstagen und inspirierte ihn zu zahlreichen Werken, die ebenfalls gezeigt werden. Am Sonntag, dem 7. Dezember, setzen Zsuzsanna Csegzi, Emma und Katharina Ocvirk musikalische Akzente und fassen die Ausstellung in einem halbstündigen Konzert zusammen.
Zu sehen sind zudem großflächige Gemälde, die teils futuristisch anmuten, teils spirituell grundiert sind. Sie verbinden malerische und skulpturale Elemente und thematisieren existenzielle Fragen, Glauben und innere Transformation. Lissy, der sich als junger Mann intensiv mit Beethoven beschäftigte und auf einer Paris-Reise entscheidende Impulse erhielt, fand seinen Weg zur Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Von 1980 bis 1987 studierte er dort bei Bruno Gironcoli, der zu einem seiner wichtigsten Mentoren wurde. „Machn’s an Lärm, Lissy“, soll Gironcoli ihm zugerufen haben. Aus der Serie „Meine acht Väter“, in der Lissy prägenden Figuren seines Lebens nachspürte, sind mehrere großformatige Arbeiten vertreten.
Christoph Lissy wurde am 28. Dezember 1957 in Hörbranz geboren. Nach dem frühen Verlust seines Vaters waren seine Kindheitstage von Todesangst geprägt, die Kunst bot ihm Halt. 1989 erhielt er das Staatsstipendium für Bildende Kunst, es folgten zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im deutschsprachigen Raum. Seine Arbeiten wurden vielfach prämiert. Im Jahr 2006 erlitt er eine Hirnblutung, gefolgt von Koma und einer Nahtoderfahrung, ein Einschnitt, der seine künstlerische Entwicklung nachhaltig veränderte und in den späteren Werken deutlich erkennbar ist.