Schandfleck der Landeshauptstadt: Vom Regen in die Traufe beim Bahnhof Bregenz

Mobilität / 16.05.2023 • 18:15 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Die Kübel am Bregenzer Bahnhof haben es mittlerweile zu Bekanntheit geschafft. FOTOS: VN/RAUCH, HALLER

Pfützen im Bahnhofsgebäude, provisorische Eimerlösungen und defekte Rolltreppen: Unmut über Bahnhofszustand hält an.

Von Mirijam Haller und Matthias Rauch

Bregenz 1990 wurde der Bahnhof Bregenz eröffnet. Türkis dominiert das große Gebäude, das einen Bogen zwischen dem Seeareal und der Stadt über die Gleisanlagen schlägt. Der große Busbahnhof könnte zu Bahnsteigen umgebaut werden, falls doch noch die Bahngleise von der Pipeline in einen Pfändertunnel verlegt werden. 33 Jahre später ist das angedachte Tunnelportal durch die Bezirkshauptmannschaft blockiert und der Bahnhof aus Sicht vieler Vorarlbergerinnen und Vorarlberger einer Landeshauptstadt unwürdig.

Oft ist es ein roter Kübel, der im Bregenzer Bahnhof das von der Decke heruntertropfende Wasser auffängt - an diesem Tag sind es blaue Eimer.

Nicht nur, dass der Bregenzer Bahnhof regelmäßig zu den hässlichsten Bahnhöfen Österreichs gewählt wird: Bei den aktuellen Wetterverhältnissen zeigt sich einer der größten Makel des in die Jahre gekommenen Baus. Denn wenn es in Bregenz regnet, dann regnet es auch im Bahnhofsgebäude. Je nach Wassermenge verstellen Müllkübel, Eimer oder Warnschilder die Wege der Bahnreisenden. Dieser Umstand drang auch bis nach Wien und wird in Glossen belächelt, etwa unter dem Titel “Geh, Leck” in der “Presse”. Hinzu kommt der regelmäßige Ausfall einer der zahlreichen Rolltreppen.

Die Rolltreppe ist häufig einmal außer Betrieb.
Die Rolltreppe ist häufig einmal außer Betrieb.

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Auch die VN erreichen regelmäßig Zuschriften von unzufriedenen Bahnhofsnutzern: “Ihr als Landeshauptstadt und Festspielstadt habt wirklich Besseres verdient. Euer Bahnhof ist ein Schandfleck”, klagt etwa jüngst Hildegard Grabher aus Lustenau in einem Leserbrief. “Der Bregenzer Bahnhof ist eine Katastrophe und ist dafür in ganz Österreich bekannt”, äußert etwa Ernst Neubacher aus Bregenz bei einem VN-Lokalaugenschein seinen Unmut. “Als junge Frauen fühlen wir uns insbesondere Abends nicht sicher”, sind sich Josephine Holzmüller (16) aus Hörbranz und Saskia Vonbun (16) aus Altenstadt einig.

Durch die Lecks im Dach besteht Rutschgefahr.
Durch die Lecks im Dach besteht Rutschgefahr.
<strong>Josephine Holzmüller (18)</strong> aus Hörbranz und <strong>Saskia Vonbun (16) </strong>aus Altenstadt: <em>"Auf einer Skala von 0 bis 10 ist der Bregenzer Bahnhof eine 0. Die vielen Lecks stören besonders wenn es regnet . Als Frauen fühlen wir uns hier auch nicht wirklich sicher, es könnten mehr Securitys hier sein."</em>
Josephine Holzmüller (18) aus Hörbranz und Saskia Vonbun (16) aus Altenstadt: "Auf einer Skala von 0 bis 10 ist der Bregenzer Bahnhof eine 0. Die vielen Lecks stören besonders wenn es regnet . Als Frauen fühlen wir uns hier auch nicht wirklich sicher, es könnten mehr Securitys hier sein."

Seit Jahren “Eimer-Lösung”

Der bescheidene Zustand des Bahnhofs zieht sich bereits etwas hin: Seit Jahren wird der Regen in Eimern aufgefangen, von einem Provisorium kann kaum mehr die Rede sein. Abhilfe ist keine in Sicht. Schließlich wissen die ÖBB, dass Bregenz sich einen neuen Bahnhof wünscht. Die aufwendige und teure Sanierung des Flachdachs, nur um es in wenigen Jahren abzureißen, rechnet sich daher nicht. “Selbstverständlich sorgen wir für die Instandhaltung und Reinigung des Bahnhofs Bregenz”, verweisen die ÖBB auf die anwesenden Security und das täglich im Einsatz befindliche Reinigungsteam. Dass die Reparatur der Rolltreppe sich seit Wochen zieht, liege daran, dass man Ersatzteile bestellen musste.

Der Zahn der Zeit nagt am Bregenzer Bahnhof.
<strong>Jake Davis (19)</strong> aus den USA und <strong>Kyra Thurston (17)</strong> aus Kanada: <em>"In den USA haben wir nicht so viele Bahnhöfe und Züge, deswegen ist ein Vergleich schwierig. Es könnte einen netteren Empfangs- und Wartebereich geben. In der Nacht halten wir uns generell nicht so gern auf dem Bahnhof auf, aber man hat ein sichereres Gefühl als  zum Beispiel beim Dornbirner Bahnhof."</em>
Jake Davis (19) aus den USA und Kyra Thurston (17) aus Kanada: "In den USA haben wir nicht so viele Bahnhöfe und Züge, deswegen ist ein Vergleich schwierig. Es könnte einen netteren Empfangs- und Wartebereich geben. In der Nacht halten wir uns generell nicht so gern auf dem Bahnhof auf, aber man hat ein sichereres Gefühl als zum Beispiel beim Dornbirner Bahnhof."

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In wenigen Jahren ist dabei ein dehnbarer Begriff. Denn die “Eimer-Lösung” gibt es seit über sieben Jahren. Damals stand die Seestadt am Horizont, für 77 Millionen Euro wurde im Sommer 2019 ein neuer Bahnhof vorgestellt. Die ÖBB hätten 47,6 Millionen Euro, das Land Vorarlberg 14,7 Millionen Euro und die Stadt Bregenz 14,4 Millionen Euro beigesteuert. Ein Ende der Seestadt und ein Bürgermeisterwechsel später dominiert nun die Unterflurlösung für Straße und Trasse die Debatte. Während die ÖBB einen kostengünstigeren und für die Zukunft flexibleren Verbleib der Gleise ober der Erde bevorzugt, ging Bregenz’ Bürgermeister Michael Ritsch mit der Unterflurlösung in den Wahlkampf.

Etwas, das Ankommende als Erstes erblicken: Mit Graffiti verschmierte Fenster und Wände.
Etwas, das Ankommende als Erstes erblicken: Mit Graffiti verschmierte Fenster und Wände.

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Dazwischen das Land, die die Priorität darauf legt, überhaupt mit dem Bahnausbau in das Zielnetz 2040 aufgenommen zu werden – bevorzugt mit einer Unterflurlösung. Damit dies geschieht, muss noch heuer eine Entscheidung gefällt werden. Der Ball liege nun bei den Gemeinden und dem Land Vorarlberg, eine gemeinsame Position zu finden, richteten die ÖBB im Oktober 2022 aus.

Der damalige Bürgermeister Markus Linhart (ÖVP) stellte 2019 einen möglichen, oberirdischen Neubau des Bahnhofs vor. Die Planungen überlebten jedoch nicht die Gemeinderatswahlen. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
Der damalige Bürgermeister Markus Linhart (ÖVP) stellte 2019 einen möglichen, oberirdischen Neubau des Bahnhofs vor. Die Planungen überlebten jedoch nicht die Gemeinderatswahlen. VN/Hartinger
Am Mittwoch will Bürgermeister Michael Ritsch seine Pläne für den Bahnhof präsentieren.
Am Mittwoch will Bürgermeister Michael Ritsch seine Pläne für den Bahnhof präsentieren.

Seinen Beitrag dazu präsentiert die Stadt Bregenz am Mittwoch: Dann will Bürgermeister Ritsch seine Pläne für den Bahnhof der ÖBB der Öffentlichkeit präsentieren. Abriss und Neubau des Bahnhofs durch die ÖBB wäre, unabhängig ob nach den Plänen der Stadt oder der ÖBB, nicht vor 2025 denkbar, wahrscheinlicher aber erst im nächsten Jahrzehnt. Die Kübel bleiben dem Bregenzer Bahnhof damit wohl vorerst erhalten.

<strong>Gabi Gernöcker (65) </strong>aus Bad Schallerbach: <em>"Ich finde den Bahnhof Bregenz nicht so schlimm, ich steige hier öfter von Oberösterreich kommend für den Zug in die Schweiz um. Es ist manchmal ein wenig ärgerlich, dass die Rolltreppe so oft defekt ist. Aber ich kann es nicht ändern. Wieso also soll ich mich über etwas aufregen, das ich nicht ändern kann?"</em>
Gabi Gernöcker (65) aus Bad Schallerbach: "Ich finde den Bahnhof Bregenz nicht so schlimm, ich steige hier öfter von Oberösterreich kommend für den Zug in die Schweiz um. Es ist manchmal ein wenig ärgerlich, dass die Rolltreppe so oft defekt ist. Aber ich kann es nicht ändern. Wieso also soll ich mich über etwas aufregen, das ich nicht ändern kann?"