Ein kräftiges Herz mit acht Kammern
Ford Mustang GT weckt den Sportsgeist und tritt offenherzig direkt und puristisch auf.
Ford. Auch wenn die Anhänger anderer perfekt durchgestylter Sportwagen oder die Fans fast schon aristokratisch anmutender Coupé-Cabrios jetzt vielleicht die Augenbrauen hochziehen oder die Mundwinkel hängen lassen mögen: Manche Autos sind einfach ein Genuss, nicht nur weil sie in ihrer Eigenwilligkeit Legende sind, sondern auch weil sie pure Leidenschaft entfachen können. Und dazu zählt zweifelsohne der Ford Mustang, der die „Macht der Acht“ zelebriert.
Sich für den bulligen Achtzylinder-Ami-Sportler zu entscheiden, ist in der Regel sicher weniger eine vernünftige Angelegenheit, schließlich wird das Öko-Gewissen auf eine harte Probe gestellt. Von dem Kraftprotz aus Detroit, der jetzt auch offiziell in Europa und mithin hierzulande angeboten wird, erhofft man sich vielmehr die totale emotionale Ansprache, die über den Besitzerstolz hinausgeht. Maschine und Mechanik – es ist dieses Hineinhorchen ins Auto, bei dem sich Liebhaber solcher Asphalt-Feger unweigerlich erwischen, wenn es im gestreckten Galopp über die Autobahn oder im beherzten Kurvenritt über die Landstraße geht. Und es gibt viel zu fühlen und zu spüren. Das durften wir im VN-Test mit dem neuen Mustang GT Convertible – also der offenen Version des 4,78 Meter langen Wild-West-Typs – erfahren. Unter der imposanten Motorhaube werkelt der mächtige, 5,0 Liter große V-8-Saugmotor, der mit 422 PS aus dem Vollen schöpft und satte 524 Newtonmeter auf die Kurbelwelle schaufelt. Auf dem einladenden Ledergestühl einmal Platz genommen, weckt das die Vorfreude auf das, was nach dem Druck auf den Startknopf passiert. Das Triebwerk erzeugt im Gleichklang aus acht Töpfen eine kernige Klangkulisse, die ungefiltert an die Ohren dringt, wenn das Stoffverdeck versenkt ist. Ist das Dach geschlossen, ist es ein dumpfes Bollern, das einem immer noch ins Mark fährt. So wie im nach oben offenen Betrieb der Fahrtwind in die Haare. Wie in jedem Cabrio sind auch im Mustang ab Tempo 130 Windattacken garantiert.
Der Mustang zählt zu den Autos, bei denen man nach wenigen Kilometern weiß, was Sache ist. In dem Fall eine Fahrmaschine, die pures Vergnügen bereiten kann. Die Gänge lassen sich prima hochziehen, kurze Schaltwege machen forsche Sprünge nach vorne möglich. Die Lenkung ist knackig und präzise, aber nicht beinhart. Dazu ist der knapp 1,8-Tonner stramm, aber nicht zu brutal gefedert. Und wer will, kann mit feinem Gasfußspiel das Heck munter in Bewegung bringen. Geht es ab im Sauseschritt, nimmt der Achtender-Mustang beim Straßenritt indes auch viel Sprit mit. Kurzum: Man muss wissen, dass er raue Trinksitten entwickeln kann und ein offenbar dickes Rohr vom Tank zum Motor führt. Allen Car-Guys sei denn auch gesagt, dass es sich mit dem Mustang bei niedrigem Tempo und geringer Drehzahl auch ganz entspannt cruisen lässt.
Eindruck: der Fünf-Liter-Achtzylinder macht mächtig Dampf, sorgt aber auch dafür, dass der Mustang öfters mal an die Benzin-Tränke muss, Infotainment geht okay, Assistenzsysteme sind Mangelware, das Verdeck muss noch händisch entriegelt werden.
Fakten
Motor/Antrieb: V-8-Zylinder-Saugmotor, 422 PS, 524 Nm/4250 U/min, Hinterradantrieb, Sechsgangschaltung.
Fahrleistung/Verbrauch: 0 auf 100 km/h in 4,8 Sek., Spitze: 250 km/h (abger.), Verbrauch: 13,6 l (306 g CO2/km); Testverbrauch: 15,2 l
Preis: Grundpreis. 61.900 Euro, Testwagen: 65.424 Euro.