„Förderwildwuchs in Bundesländern“
Chef der Porsche Holding verlangt vereinfachte Förderung für E-Mobilität.
Salzburg. Alain Favey über Dieselskandal, Rückrufaktion und warum Vorarlberg sein Vorzeigebundesland ist.
Der Dieselskandal hat weltweit das Vertrauen vieler VW-Kunden erschüttert. In Österreich ticken die Uhren scheinbar anders. Die Marktanteile sind praktisch unverändert. Überrascht Sie das?
FAvey: Eigentlich nicht. Wir haben besonders loyale Kunden in Österreich, die bei diesem Thema gut unterscheiden können, was für sie relevant ist und was nicht. Die Situation in den USA – die sich grundlegend von der in Europa unterscheidet – hat für die Konsumenten in Österreich damit auch keine nennenswerte Bedeutung.
Die vielen Negativschlagzeilen der letzten Monate haben also überhaupt keine Auswirkungen?
Favey: Keine wirklich greifbaren! Wir haben wohl auch das Glück, dass die neuen Modelle wie der VW Tiguan, Audi A4, Seat Ateca oder demnächst der Skoda Kodiaq die perfekten Autos für den österreichischen Markt sind. Das ist sicher mit ein Grund, warum die Marktanteile unverändert sind. Auch die Gebrauchtwagenpreise sind stabil. Unsere und externe Beobachtungen zeigen, dass es auch hier keine negativen Auswirkungen gibt.
Gibt es eine Kaufzurückhaltung bei Modellen mit Dieselmotoren?
Favey: Nein, die Dieselquote hat sich überhaupt nicht verringert und liegt bei uns deutlich über dem Marktdurchschnitt. Das liegt auch daran, dass wir mit unseren jüngst eingeführten Modellen in dieselaffinen Segmenten erfolgreich sind.
Die Rückrufaktion zur Umrüstung der Dieselmodelle ist schleppend angelaufen. Bis wann sind alle betroffenen 388.000 Fahrzeuge in Österreich nachgebessert?
Favey: Wir sind da in einer gewissen Abhängigkeit von der Zentrale in Wolfsburg und dem deutschen Kraftfahrtbundesamt, das die Freigabe der einzelnen technischen Lösungen für den Rückruf erteilen muss. Der gesamte Prozess braucht auf Grund seiner Komplexität Zeit. Das haben wir vielleicht etwas unterschätzt. Der Rückruf selbst findet in einzelnen Wellen statt. Bei den ersten Modellen haben wir einen Abwicklungsgrad von 80 bis 90 Prozent. Gesamt liegen wir aktuell bei knapp über 50 Prozent. Ursprünglich wollten wir bis Ende des Jahres mit dem Rückruf durch sein. Das verzögert sich leider. Wir rechnen jetzt, dass die Umrüstungen bis in den Herbst 2017 hineinreichen können. Für unsere Kunden ändert das aber nichts, weil die Autos sicher, fahrbereit und ohne Einschränkungen nutzbar sind. Beim Software-Update in den Werkstätten selbst gibt es keinerlei Probleme oder Reklamationen. Da läuft alles nach Plan.
Mehrere Tausend Fahrzeugbesitzer haben sich zu einer Sammelklage angemeldet. Wie wollen Sie diese offensichtlich große Zahl enttäuschter Kunden auch in Zukunft halten?
Favey: Wir müssen respektieren, dass es auch Kunden gibt, die enttäuscht sind und nach rechtlichen Möglichkeiten suchen. Unsere Position ist sehr klar. Die Fahrzeuge sind sicher und fahrbereit. Bisherigen Erkenntnissen nach gibt es nach der Umrüstung keine Veränderungen bei Verbrauch, Motorleistung oder Fahreigenschaften. Auch die Gebrauchtwagenpreise entwickeln sich weiterhin stabil. Damit entsteht dem Kunden aus unserer Sicht kein Schaden und es gibt somit auch keinen Grund für eine Klage.
VW hat auf dem Autosalon in Paris einen Imagewandel eingeläutet und Elektroautos mit großer Reichweite für 2020 angekündigt. Ist das nicht reichlich spät?
Favey: Wir sind heute schon mit dem E-Golf und E-up! am Markt vertreten. Es ist also nicht so, dass wir keine Elektroautos hätten. Aber es stimmt auch, dass es für die Akzeptanz der E-Mobilität eine entsprechende Reichweite braucht. Deshalb macht es sicher Sinn, dass wir mit einer breiten Elektrofahrzeug-Palette auf den Markt kommen, wenn die Batterietechnik so weit ist, höhere Reichweiten zu ermöglichen. Und das wird bei VW ab 2020 der Fall sein. Derzeit fehlt neben der Reichweite aber auch noch eine flächendeckende Ladeinfrastruktur mit Schnelllademöglichkeiten. Das sind die großen Herausforderungen der nächsten Jahre, die es zu lösen gilt, bis die Fahrzeuge in großer Zahl auf den Markt kommen.
Erleben wir ein rasches Ende des Verbrennungsmotors?
FAvey: Der Volkswagen-Konzern rechnet damit, dass innerhalb seiner Marken weltweit bis 2025 jeder vierte Neuwagen elektrisch fährt. Der Großteil des Fahrzeugbestandes wird aber noch über Jahrzehnte herkömmliche Antriebe haben. Es wird noch lange ein Angebot an Verbrennungsmotoren geben.
Alternative Antriebe tun sich in Österreich schwer. Was läuft etwa bei Erdgasautos schief. Die Zahlen sind rückläufig. Sehen Sie für diese Technologie noch Chancen?
FAvey: Ich hoffe es. Die Vorteile in Sachen Verbrauch und CO2-Ausstoß liegen auf der Hand. Ich würde mir wünschen, dass diese Vorteile irgendwann von den Kunden vermehrt wahrgenommen werden. Allerdings sind die Rahmenbedingungen, wie die aktuellen niedrigen Spritpreise, nicht hilfreich. Der Volkswagen-Konzern sieht diese Technologie dennoch auch in Zukunft als wichtiger Treiber für die CO2-Reduktion.
Gibt es ausreichend Anreize zum Umstieg auf alternative Antriebe? Was erwarten Sie da von der Politik?
Favey: Wir als Vertreter des Automobilhandels wurden erstmals bereits im Vorfeld vom Verkehrsministerium eingeladen und in dessen Überlegungen zu einem umfassenden Paket zur Förderung der Elektromobilität eingebunden. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall. Ich bin nach den Gesprächen zuversichtlich, dass es gelingen wird, ein attraktives Paket zu schnüren und damit Kunden zum Umstieg auf Elektro- und Plug-In-Hybridmodelle zu motivieren.
Wie soll dieses ausschauen?
Favey: Derzeit gibt es einen Förderwildwuchs in den Bundesländern. Nach unserer Vorstellung sollte es eine vereinfachte Förderung im Sinne von Steuervorteilen sowie eine Kaufförderung geben. Ein Fokus muss auf der Ladeinfrastruktur liegen. Da braucht es eine gezielte, starke Förderung des Staates.
Geld verdienen die Hersteller mit konventionellen Modellen. Wie laufen die Geschäfte der Porsche Holding Salzburg, dem größten Autohändler Europas?
Favey: Das Jahr läuft sehr gut. In Österreich haben wir eine Entwicklung wie schon länger nicht mehr. Auch die südosteuropäischen Märkte legen teils kräftig zu. Da steigern auch wir uns mit dem Markt.
Die Marken des VW-Konzerns haben in Vorarlberg einen Marktanteil von über 40 Prozent. Sie investieren derzeit kräftig in den Standort Dornbirn – welche Chancen sehen Sie im westlichsten Bundesland?
Favey: Die Tatsache, dass wir bei Porsche Dornbirn neun Millionen Euro investieren, ist schon ein Bekenntnis dafür, dass wir in Vorarlberg sehr hohe Erwartungen haben. Wir haben auch ein sehr großes Vertrauen in die Händler, die unsere Marken vertreten und einen ausgezeichneten Job machen. Wir sehen Vorarlberg als Vorzeigebundesland und hoffen, dass wir uns hier weiterhin positiv entwickeln und weiter wachsen.
Zur Person
Alain Favey
Sprecher Geschäftsleitung Porsche Holding Salzburg
Laufbahn: Der 49-jährige Franzose lenkt seit 2012 die Geschicke der Porsche Holding mit 33.124 Mitarbeitern und zwei Betrieben in Vorarlberg (Porsche Dornbirn, Strolz). Er wechselte als VW-Europavertriebschef nach Salzburg. Davor war er 20 Jahre bei Citroen.