Michael Gasser

Kommentar

Michael Gasser

Industrie muss liefern

Motor / 15.09.2017 • 12:52 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Die Autobranche hat Vertrauen verspielt. Weil ältere Dieselfahrzeuge mehr Schadstoffe ausstoßen als behauptet, ist ein ganzer Industriezweig in Verruf geraten. Jetzt geht es um Schadensbegrenzung. Mit dem Rücken zur Wand kündigen die Hersteller in Frankfurt einen Wandel an. Die Transformation scheint unaufhaltsam.

Hunderte neue Elektromodelle sollen millionenfach von den Produktionsbändern rollen. Dafür werden Milliarden investiert. Auch die Preise müssen fallen. E-Autos dürfen nicht länger das Spielzeug von ein paar Wenigen sein. Soweit das Versprechen. Nur den Worten müssen Taten folgen. Die Industrie hat zu liefern.

Aber nicht nur sie. Auch die Politik ist säumig. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur läuft schleppend. Ein bisschen Fördern allein wird nicht reichen. Es gilt, Vorbehalte der Kunden auszuräumen. Und die scheinen beachtlich zu sein, wie die Zulassungszahlen zeigen. In Vorarlberg wurden heuer im ersten Halbjahr weniger neue Strom-Autos zugelassen als noch im Jahr davor. Und da waren es schon kaum welche.

Die Vorbehalte betreffen neben den Lademöglichkeiten und Ladezeiten aber auch die Reichweiten der Fahrzeuge. Da hat sich zuletzt wenig getan. Überhaupt sind kaum neue Modelle auf den Markt gekommen. Auch jetzt in Frankfurt stehen vorwiegend Studien, die in die Zukunft weisen. Es wird also noch dauern. Zwei bis drei Jahre mindestens.

Bis dahin und wohl lange darüber hinaus braucht es den Verbrennungsmotor. Auch Selbstzünder sind unverzichtbar. Für die Hersteller sind moderne Dieselmotoren nicht das Problem, sondern Teil der Lösung, wie man es bei VW formuliert. Man braucht sie als Brücke zur E-Mobilität.

Und es braucht Sachlichkeit in der Diskussion. Wenn in der Debatte um Fahrverbote nicht mehr unterschieden wird zwischen alten Motoren und modernen Aggregaten, dann führt das zu Verunsicherung. Die gibt es längst und sie ist das Ergebnis einer Pauschalverurteilung. Dabei sind die definierten CO2-Ziele in einzelnen Fahrzeugsegmenten nur mit Dieselmotoren erreichbar, mit sauberen freilich und das auch auf längere Sicht.

Wer jetzt glaubt, alles wird gut, könnte die Rechnung ohne den Wirt gemacht haben. Weil es erstens auch bei der E-Mobilität viele offene Fragen gibt – wie etwa die Herkunft des Stroms oder die Entsorgung der Batterie. Und zweitens noch immer der Kunde entscheidet. Und wenn man die bisherige Kaufzurückhaltung betrachtet, scheint die E-Mobilität tatsächlich ein Zukunftsthema.

„Wer jetzt glaubt, alles wird gut, könnte die Rechnung ohne den Wirt gemacht haben.“

Michael Gasser

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