Weniger ist mehr

Umgemünzt auf den Taycan bedeutet das: Das günstigere Einstiegsmodell hat die größte Reichweite.
Porsche Porsche hat die Taycan-Baureihe um eine neue Einstiegsvariante erweitert. Die Basis der Elektro-Sportlimousine kommt in vielen Bereichen mit weniger aus und kann doch eines besser als die stärkeren Geschwister: bei der Reichweite wird aus weniger mehr. 484 Kilometer schafft der Stromer, den es in zwei Batteriegrößen gibt. Das gilt für den Taycan Plus mit 93,4 kWh-Akkus, den wir zum Test ausgefasst haben. Etwas weniger Leistung und deutlich weniger Gewicht machen den Unterschied aus. Nichts mit kurzer Leine also, mit Verzicht aber ebenso wenig. Kurzfristig ruft der Elektro-Porsche 476 PS Leistung ab, dauerhaft stehen immerhin 380 PS zur Verfügung. Da sind markentypische Fahrleistungen garantiert. 5,4 Sekunden auf Tempo 100 und 230 km/h Spitze sollten im Alltag allemal ausreichen. Nur ein Motor an der Hinterachse bedeuten zwar weniger Traktion, aber eben auch ein um rund 100 Kilogramm geringeres Leergewicht. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Agilität aus. Und da wären wir schon wieder beim weniger ist mehr.
Optisch lässt sich ohnedies kaum ein Unterschied ausmachen – mal abgesehen von den schwarz eloxierten Bremssätteln. Mit dem Taycan läutet der Hersteller eine neue Designära ein, wobei auch das erste Elektromodell unverkennbar ein Porsche ist. Das spiegelt sich in vielen Details wider. Ein markanter Blickfang sind die stark gewölbten Kotflügel, die jedoch der Übersichtlichkeit alles andere als dienlich sind. Ansonsten fehlt es der Elektro-Sportlimousine im Alltag nicht an einer entsprechenden Tauglichkeit. Das trifft auch auf das Platzangebot zu – inklusive kleinem Gepäckabteil (84 Liter) unter der Motorhaube – pardon nur Haube. Schließlich sitzt die potente, an ein Zweigang-Getriebe gekoppelte Synchronmaschine direkt an der Hinterachse. Der eigentliche Kofferraum fasst immerhin 407 Liter und damit auch sprichwörtlich das eine oder andere Gepäckstück.
Einmal im Taycan Platz genommen, wird klar: Es hat zwar eine neue Ära begonnen, und doch fühlt sich das nach Porsche an, ganz wie man es kennt. Gut, der Infotainment-Bildschirm ist mit 10,9 Zoll ungewohnt groß, verglichen mit jenen des Elektropioniers Tesla dennoch fast winzig. Und wenn wir schon vergleichen: bei Materialien und Verarbeitung werden Jahrzehnte an Erfahrungsvorsprung sichtbar.
Das trifft auch auf das Fahrwerk zu, dessen Systeme zentral vernetzt sind. Eine elektronische Dämpferregelung ergänzt die serienmäßige Stahlfederung. Die Spreizung zwischen Sportlichkeit und Komfort ist groß. Wem das nicht gut genug ist, dem steht optional noch eine adaptive Luftfederung zur Auswahl.
Die Sportwagenmarke Porsche steht für Geschwindigkeit. Im Lastenheft der Entwickler des ersten Strom-Porsches stand deshalb auch der Topspeed beim Laden ganz weit oben. Dafür wurde die Systemspannung von der für Elektroautos lange üblichen 400 auf 800 Volt verdoppelt. Die maximale Ladeleistung liegt bei 270 kW. Was bei Sportautos mit Verbrennungsmotoren die Zeitspanne 0 auf 100 km/h im Sprint ist, ist bei Elektromodellen das 5 auf 80 Prozent beim Ladevorgang. Porsche benötigt dafür nur 22,5 Minuten – auch das steht für eine neue Ära. Neu ist auch, dass das Finanzamt bei einem Porsche-Kauf durch die Finger schaut. Ganz ohne NoVa beginnen die Preise für den Taycan jetzt schon bei 86.868 Euro. VN-MIG


Fakten und Daten
Motor/Antrieb E-Motor mit 380 PS (476 PS Overboost), Heckantrieb, 2-Ganggetriebe
Fahrleistung/Verbrauch 0 auf 100 in 5,4 Sek, Spitze 230 km/H, Verbrauch 28,7 kWh (Test: 29,5 kWh)
Preis ab 86.868 Euro, Testwagen 111.558 Euro