Winterspiele auf allen vieren

Der vollelektrische bZ4X ist Toyotas erstes Modell mit dem neuen integrierten e-Axle-4WD.
Hochfügen Kürzere Reaktionszeiten durch direkte Steuerung der Kraftverteilung – so lässt sich das Prinzip von Toyotas neuer Integral-Hinterachse für elektrische Allrad-Systeme zusammenfassen. Entwickelt wurde sie zusammen mit einem Partner, der über jeden 4WD-Zweifel erhaben ist: Subaru – deren schon überfälliger E-Kraxler Solterra wird in Kürze mit der gleichen Technik auffahren. Sie integriert den Elektromotor, den Gleich-/Wechselstrom-Inverter, das Differential zur aktiven Kraftverteilung, die Sonsoren und Steuermodule in ein kompaktes Bauteil – das spart nicht nur Platz, sondern optimiert auch die Reaktionszeit durch effizienteres Zusammenspiel der einzelnen Komponenten.
Extreme Bedinungen
Was für sich toll klingt, etwa nur bei Nässe erledigt eine simple analoge Variante mit Kardanwelle die vergleichsweise geringe Aufgabenstellung allerdings kaum schlechter. Es braucht also extremere Bedingungen um herauszufinden, wo und wie das digitale Kompaktsystem auftrumpfen kann. In Hochfügen im Tiroler Zillertal waren die zu finden: Bis zu einem halben Meter Neuschnee, nur notdürftig präparierte Forstwege mit wechselndem Untergrund von eisig bis matschig, und eine gebirgige Topographie, die nichts verzeiht.
Im Standard-Fahrprogramm ist das System bemüht, möglichst viel Komfort mit einem Maximum an Sicherheitsreserven zu garantierern. Durchdrehende Räder werden zuverlässig abgebremst, das Fahrzeug bleibt solide in der Spur und leistet sich weder Schlenker noch das kleinste Rutschen. Der Nachteil: Die Leistungsabgabe wirkt insgesamt reduziert, Kommandos vom Gaspedal werden nicht direkt umgesetzt, zwischendurch kann automatisiert sogar bis zum Stillstand abgebremst werden, auch wenn der Fuß das Pedal eigentlich ganz durchdrückt.
Direkte Reaktion
Gänzlich anders geht der bZ4X zur Sache, wenn per Tastendruck der X-Mode samt reduziertem ESP-Einsatz aktiviert ist. Dann lässt das System Kraftüberschüsse an allen vier Rädern zu und der Vortrieb der zusammen 218 PS aufbietenden E-Motoren passiert mit ansprechender Dynamik und scheinbar ohne lästige Traktionszügel. Was nicht ganz korrekt ist, aber die digitalen Gouvernanten halten sich auffallend zurück. Die extrem kurze Reaktionsspanne mit praktisch in Echtzeit auf jedes Pedalkommando ansprechender Leistungskurve überascht erst einmal und verlangt ein wenig Eingewöhnung – gegenüber einem mechanischen Allrad mit vergleichweise zeitverzögerter Arbeitsweise überrascht die Direktheit des integrierten, digital-elektrischen Systems erst einmal. Es erlaubt viel mehr Nähe am Geschehen, verlangt aber auch präzisere und konzentriertere Bedienung. Einem klassischen 4WD ist es insofern überlegen, als es nicht nur direktere Reaktionen, sondern auch gleichbleibend höhere Reserven ermöglicht.
Der unverändert bestehende Wermutstropfen des hohen Gewichts batterieelektrischer Fahrzeuge wird damit zum Teil kompensiert, lässt sich aber auch mit allem Elektronikeinsatz nicht wegretuschieren: Vor allem bergab melden auch hier rund 2,1 Tonnen ihr physikalisches Recht auf entsprechende Massenträgheit an – allerdings hat Toyota für die wirklich dramatischen Passagen einen Downhill-Assistenten in petto, der die Talfahrt unbestechlich selbstregulierend erledigt. Wenn es bergauf grenzwertiger werden sollte erledigt die Aufgabe ein gleichwertig unbeirrbarer Kriechgang. Außer im vollelektrischen Toyota bZ4X ist die e-Axle derzeit auch im Lexus RX 450e und RZ 450e erhältlich. PAB


Fakten und Daten
Motor/Antrieb FWD: 1 Synchron-Elektromotor, 204 PS , 265 Newtonmeter; Vorderradantrieb; RWD: 2 Synchron-Elektromotoren, 218 PS, 336 Newtonmeter; Allradantrieb
Li-Ionen akku 71,4 kWh; 1-Gang-Automatikgetriebe
Preis ab 51.290 Euro (FWD)
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