Durch den Sport neuen Mut geschöpft

Reinhold Wesely (75) sitzt schon
seit 55 Jahren im Rollstuhl.
Porträt Es war ein prägendes Erlebnis für Reinhold Wesely. Das, was sich im Februar 1965 ereignet hat, hat sich für immer in seine Erinnerung eingebrannt. „Ich wurde 1964 als Pionier ins Militär gerufen. Drei Wochen vor dem Abrüsten musste ein Holzkreuz nachtransportiert werden“, führt Wesely aus. Eine Unterstellung eines Brückenjochs sollte repariert werden. „Beim Abbau ist das Holzkreuz weggerutscht und hat mich dabei erdrückt.“ Neun Monate lang ist der damals 20-Jährige im Krankenhaus gelegen. „Das war eine irre Zeit“, erinnert er sich zurück. „Das Personal war einfach Weltklasse!“ Die Belegschaft hat sich enorm viel Zeit für ihn genommen und ihm bei jedem Schritt der Genesung unermüdlich unter die Arme gegriffen. „Ich habe einfach Pech gehabt. Es war für mich von Anfang an klar, dass ich künftig nicht mehr gehen kann“, so Wesely. Er habe die Nachricht jedoch gut verkraftet. „Ich habe schon immer gern gelebt.“
Neue Sektion im Ländle gegründet
Als er danach zurück nach Vorarlberg zu seiner damaligen Freundin kam, hat er sie geheiratet. „Ich habe die ersten zwei Jahre zu Hause verbracht und musste mit der neuen Situation erst klarkommen.“ Im Laufe der Zeit wurde Wesely bewusst, dass es für Rollstuhlfahrer im Grunde gar keine Sektion bzw. Angebote in Vorarlberg gab. Kurzerhand gründete er im Wirtschaftsverband die Sektion „Rollstuhl- und Versehrtensport“. „Ich habe vor meinem Unfall gerne Fußball und Handball gespielt, so war der Basketballsport nicht weit davon entfernt.“ Mit sechs Mitgliedern hat Wesely schließlich den Basketballverein ins Leben gerufen. „Bei den ersten Trainingseinheiten mussten unsere Frauen mitmachen, damit wir genug Personen für unsere Teams haben“, erinnert er sich lächelnd zurück. „Das Regelwerk beim Basketball ist zudem fast ident mit dem des Nichtbehinderten-Basketballs.“ Später wurde das Interesse immer größer und das Land hat die Landessportschule in Dornbirn barrierefrei umgebaut. So war dies der neue Angelpunkt für den Versehrtensportverband. „Der Sport hat mir wieder Kraft und Mut gegeben. Ich konnte zahlreiche Erfolge auf internationaler Ebene feiern, mich mit Gleichgesinnten treffen und unbeschwert leben.“ Der Verband versucht ständig, neue Menschen mit Beeinträchtigung zum Mitmachen zu motivieren. „Es ist klar, es gibt natürlich unterschiedliche Typen, die mal mehr und mal weniger Zeit brauchen, um nach so einem Unfall wieder an sich zu glauben.“ Wesely selbst wurde – so gibt er zu – nach dem Unfall sogar sportlicher, als er davor war.
Des Glückes eigener Schmied
1990 war dann Schluss mit Wettkämpfen. Der Rollstuhlsportler genießt seither seine Pension in vollen Zügen. Vor einem Jahr ist Wesely auch vom Vorstand ausgetreten und nur noch als Ehrenmitglied aktiv. Heute dreht Wesely täglich seine fünf bis sechs Kilometer mit seinem Rollstuhl durch Gisingen und blickt stolz auf seine bisherigen Leistungen zurück: „Man schafft es durch Lebensfreude, wieder zu mehr Lebensqualität zu finden. Jeder muss nur seinen eigenen Zugang finden.“


Zur Person
Reinhold Wesely
Geboren 22. Jänner 1945 in Korneuburg (Niederösterreich)
Familie seit 55 Jahren verheiratet,
1 Tochter, 1 Sohn, 5 Enkelkinder
Hobbys Sport, Geschichte