Umweltministerin als Traumberuf

Grüne: Eva Glawischnig strebt eine Regierungsbeteiligung und ein Schlüsselressort an.
Wien. (VN-joh) Diesmal sollten die Grünen eine Regierungsbeteiligung schaffen, hofft ihre Bundessprecherin Eva Glawischnig. Selbst würde sie gerne Umweltministerin werden, eine Lkw-Maut einführen, Diesel stärker besteuern und für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie sorgen.
Große Veränderungen zeichnen sich durch die Wahl nicht ab …
Glawischnig: Dass es große Veränderungen geben kann, haben wir in Kärnten und Salzburg gesehen, wo die Erfolge der Grünen von niemandem vorausgesagt wurden. Ich bin überzeugt davon, dass das auch auf Bundesebene so sein wird.
Und wenn sich die Große Koalition nicht mehr ausgeht, spielen die Grünen den Beiwagen?
Glawischnig: Wir werden sicher kein Beiwagerl, sondern eine Lokomotive sein, die dafür sorgt, dass verkrustete Strukturen aufgebrochen werden.
Harald Walser warnt vor einer Grünen-Koalition mit SPÖ und ÖVP, weil sie da unter die Räder geraten könnten.
Glawischnig: Natürlich ist eine Regierungsbeteiligung eine Herausforderung. Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, welchem Risiko man Österreich aussetzt, wenn man es den anderen überlässt. Schwarz-Blau will z.B. niemand mehr.
Welches Schlüsselressort würden Sie für die Grünen beanspruchen?
Glawischnig: Unser Ziel ist es, die gesamte Umweltpolitik inkl. Klima und Energie neu zu organisieren. Das ist eine Schlüsselfrage.
Und Sie würden sich als Ministerin dafür anbieten?
Glawischnig: Es gibt viele, die das können, aber mein Herz brennt natürlich ganz besonders dafür. Ich sehe z.B. auch für die Wirtschaft gewaltige Chancen durch einen Umstieg auf Bio. Die Nachfrage ist groß. Doch unter Umweltminister Nikolaus Berlakovich hat es eine Rückentwicklung gegeben.
Was würde ein grünes Umweltministerium für Autofahrer bedeuten? Roadpricing?
Glawischnig: Wir müssen Geld umschichten vom Straßenbau in den echten Öffi-Ausbau. Natürlich sind auch steuerliche Maßnahmen notwendig. Das Dieselprivileg (niedrigere MÖSt.; Anm.) ist nicht mehr gerechtfertigt. Und warum es keine flächendeckende Lkw-Maut gibt, ist nicht nachvollziehbar.
Und eine Pkw-Maut?
Glawischnig: Aufgrund der hohen Erdölpreise ist für viele die Schmerzgrenze erreicht. Außerdem muss man die Mobilität im ländlichen Raum beachten; dort ist zunächst ein Öffi-Ausbau nötig.
Ist das österreichische Steuersystem sozial gerecht?
Glawischnig: Nein, überhaupt nicht. Vermögen ist ungleich verteilt, die obersten zehn Prozent haben so viel Vermögen wie die restlichen 90 Prozent zusammen.
Aber nur wenige Länder haben so viel Umverteilung wie wir.
Glawischnig: Unser Sozialsystem ist vergleichsweise gut. Aber dass Vermögende in den Krisenjahren noch vermögender geworden sind und Mittelstandsfamilien noch größere Probleme bekommen haben, kann man nicht leugnen.
Wie schaut das Vermögensteuer-Modell der Grünen aus?
Glawischnig: Für diese obersten zehn Prozent wollen wir eine reformierte Erbschaft- und Schenkungsteuer und eine Vermögensbesteuerung für Vermögensbestandteile über einem Nettovermögen von 500.000 Euro. Wenn man damit zwei Milliarden Euro zusammenbringt, muss man das aber für die Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen verwenden.
Die ÖVP schließt eine Vermögensteuer aus.
Glawischnig: Welches Konzept hat die ÖVP? Gefühlt ist sie seit den Babenbergern in der Regierung und hat einen Schuldenstand von bald 80 Prozent des BIP mitzuverantworten. Zu sagen, man könne Steuern senken, ist unter diesen Umständen fadenscheinig.
Ist eine Gemeinsame Schule für Zehn- bis 14-Jährige ein Muss für Sie?
Glawischnig: Ich glaube, dass die Entscheidung über den Bildungsweg im Alter von neun Jahren für die Kinder viel zu früh ist. Auf die Familien wird damit enormer Druck ausgeübt. Schon allein daher ist die Gemeinsame Schule vernünftig.
Ist das eine Koalitionsbedingung für die Grünen?
Glawischnig: Es ist ein wichtiges Anliegen. Aber ich nenne keine Koalitionsbedingungen, weil das unsere Verhandlungsposition schwächen würde. Wir haben eine Eintrittsvoraussetzung für Koalitionsgespräche: Korruptionsbekämpfung, Proporz-Abschaffung, Kontrolle als Normalität mit U-Ausschuss als Minderheitsrecht.
… und Stärkung des Wählereinflusses zum Beispiel durch eine Verkürzung der Legislaturperiode auf wieder vier Jahre?
Glawischnig: Ich bin absolut dafür. Zumal die Verlängerung auf fünf Jahre nicht dazu geführt hat, dass die Zeit für echte Reformen genützt worden wäre.
Ein Punkt noch, über den sich SPÖ und ÖVP auch nicht einigen können: Rauchverbot. Sind Sie dafür?
Glawischnig: Die jetzige Regelung ist das Blödeste vom Blöden. Viele Gastronomen haben investiert, aber keine Rechtssicherheit; weiterer Handlungsbedarf durch Höchstgerichtsurteile droht. Sinnvoll wäre daher ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie.
Gefühlt ist die ÖVP seit den Babenbergern in der Regierung.
Eva Glawischnig


