„Wir holen uns den Großteil der Beute wieder zurück“

Politik / 28.08.2013 • 21:31 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Peter Pilz fordert strengstes Antikorruptionsgesetz. Foto: VN/Steurer
Peter Pilz fordert strengstes Antikorruptionsgesetz. Foto: VN/Steurer

Der grüne Rebell über politische Verantwortung, Korruption und Steuerbetrüger.

feldkirch. 30 Milliarden Euro verliert Österreich pro Jahr aufgrund von Steuerflucht und Korruption, sagt der grüne Nationalrat Peter Pilz. Er will das verlorene Geld zurückholen und fordert das strengste Antikorruptionsgesetz Europas.

Was bedeutet „politische Verantwortung“ für Sie?

Pilz: Ausschließlich den Wählern verpflichtet zu sein. Die Regeln der Politik und der Gesetze zu beachten. Verantwortung für die Folgen seines politischen Handelns zu übernehmen und zu haften – mit allem, was man hat.

In Österreich gibt es so etwas aber nicht.

Pilz: Das ist es ja. Es existiert hier keine Rücktrittskultur. Und man weiß nie genau, ob ein Regierungsmitglied gerade angeklagt wird oder regiert. Meistens tun sie beides gleichzeitig. Wo gibt es das in der Welt? Irgendwo in einer russischen Teilrepublik.

Sie kämpfen seit vielen Jahren gegen Korruption. Erfolgreich?

Pilz: Außergewöhnlich erfolgreich. Wir – Gabi Moser, Rolf Holub und ich –, unterstützt von anderen Grünen, haben inzwischen das meiste aufgeklärt. Die Schuldigen werden zur Verantwortung gezogen. Wir bringen sie vor Gericht, und wir gehen davon aus, dass sie auch eingesperrt werden. Jetzt der nächste Schritt: Die „Geld-zurück-Tour“. Während dieser Aktion mache ich klar, dass wir uns den Großteil der Beute, die auf Konten in Liechtenstein, der Schweiz, auf Malta und den Virgin Islands liegt, zurückholen. Jeden Cent.

Wie wollen Sie das anstellen?

pilz: Ich will die Korruptionsparteien ÖVP, SPÖ, FPÖ, BZÖ und Team Stronach dazu zwingen, dass sie jeden Euro und jeden Cent, den sie sich widerrechtlich angeeignet haben, zurückzahlen. Etwa die Telekom-Gelder. Auch die aus anderen staatsnahen Unternehmen und von den korrupten Konzernen. Von EADS will ich eine Milliarde Euro. Und ich werde den Verteidigungsminister zwingen, EADS zu klagen.

Haben Sie Beweise?

pilz: Selbstverständlich. Ich kann lückenlos beweisen, dass die Kompensationsgeschäfte ein einziger Kompensationsbetrug waren, und dass bei den Eurofightern 180 Millionen Euro Schmiergeld geflossen sind.

Sie bezeichnen auch das Team Stronach als korrupte Partei.

pilz: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Rom haben ergeben, dass die Österreich-Gegengeschäfte in Italien im Großen und Ganzen Fälschungen waren. Davon gingen knapp 40 Millionen Euro auf das Konto von Magna. Stronach hat zwar erklärt, Magna war nicht an Gegengeschäften beteiligt, aber man hat für Dutzende Millionen Gegengeschäftsvereinbarungen unterzeichnet.

Ist Österreich ein funktionierender Rechtsstaat?

pilz: In der Zeit 2000 bis 2006, unter Schwarz-Blau, war der Rechtsstaat politische Prozesse betreffend stillgelegt. Kein einziges politisches Verfahren durfte geführt werden. Doch die Staatsanwaltschaften erholen sich jetzt. Die Justiz wird wieder unabhängig.

Während Strasser (nicht rechtkräftig) verurteilt wurde, könnte Grasser davonkommen.

pilz: Würde Grasser nicht angeklagt, wäre das bei den Beweisen, die bereits vorliegen, für den Rechtsstaat verheerend.

Wolfgang Schüssel selbst wird wohl nie belangt.

pilz: Klärt man die organisierte und systematische Korruption auf, kommt der politische Pate als letzter dran. Hier heißt er nach wie vor Wolfgang Schüssel.

Österreich soll gegen Steuerparadiese aktiver vorgehen. Wie soll das konkret passieren?

Pilz: Durch einen einzigen Satz im Einkommensteuer­gesetz: Veranlagungen in Steuerparadiesen sind nicht vorsteuerabzugsfähig.

Sie fordern lange Haftstrafen für Steuerbetrüger. Wozu?

pils: Geldstrafen haben bei diesen Herrschaften keine abschreckende Wirkung. Im Strafvollzug wird ihnen aber klar, dass sie etwas verlieren, nämlich Lebenszeit. Und die ist unbezahlbar.

Warum haben Sie dem ESM-Vertrag zugestimmt, der von vielen als größte Geldvernichtungsaktion gesehen wird?

Pils: Weil damals von Brüssel und der Regierung versprochen worden war, die Finanztransaktionssteuer einzuführen und dass etwas gegen die internationale Spekulation getan werde. Diese Versprechen wurden gebrochen. Ich werde mir künftig genauer überlegen, ob ich mich auf so etwas einlasse.