“So kann es mit der ÖVP nicht mehr weitergehen”

Kopf nach Rücktritt Spindeleggers besorgt. Mitterlehner übernimmt Nachfolge.
Wien. (VN-ebi, tw) „So kann es nicht mehr weitergehen“, kommentierte der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) den Rücktritt seines Parteiobmanns Michael Spindelegger. Dieser hatte gestern um neun Uhr vor Journalisten erklärt, alle seine Ämter zurückzulegen. Er werde weder ÖVP-Chef noch Vizekanzler und Finanzminister bleiben. „Das war mein letzter Medienauftritt“, verabschiedete er sich.
Mitterlehner wird Parteichef
Zwölf Stunden später einigte sich der Parteivorstand auf Spindeleggers Nachfolge. Wie Landeshauptmann Markus Wallner den VN mitteilte, wurde Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner als neuer ÖVP-Parteichef ernannt. Auch bestätigte Wallner, dass der Wirtschaftsminister das Amt des Vizekanzlers übernehmen wird. Wer als Finanzminister nachfolgt, blieb offen. Gerüchten, wonach Wallner als ÖVP-Minister in die Bundespolitik wechseln soll, widersprach der Landeshauptmann. „Ich führe einen Landtagswahlkampf und stehe bestimmt nicht zur Verfügung.“ Vorarlberg habe aber großes Interesse daran, so rasch wie möglich wieder eine stabile Bundesregierung zu haben, so Wallner: „Wir dürfen keine Zeit verlieren.“ Seine Forderung nach einer raschen Steuerreform und Bürokratieabbau bleibt aufrecht.
„Etwas läuft schief“
„Es kann nicht sein, dass wir in so wenigen Jahren schon den dritten Parteiobmann verlieren“, reagierte Kopf zuvor auf den Rücktritt Spindeleggers. Man müsse daher dringend die Frage diskutieren, was innerhalb der ÖVP schieflaufe. Natürlich seien auch die Schwierigkeiten in der Koalition „nicht unausschlaggebend“ für den Rücktritt Spindeleggers gewesen. „Insofern muss sich auch dort was ändern“, so Kopf.
Das bekräftigte auch der Vorarlberger Nationalratsabgeordnete Norbert Sieber (ÖVP): „Wir müssen nicht gleich alles über Bord werfen, aber wir müssen das Koalitionsübereinkommen erneut diskutieren und schauen, ob wir noch gemeinsame Ziele haben.“ Neuwahlen seien aber nicht wahrscheinlich, so Sieber. Dass Spindelegger seinen Rücktritt auch mit einem Mangel an Loyalität innerhalb seiner eigenen Partei begründete, kann der Mandatar nachvollziehen: „Die Geschlossenheit war nicht so gegeben, wie er es sich vorgestellt hat.“ Loyalität schaue anders aus.
Wir brauchen so rasch wie möglich eine stabile Bundesregierung.
Markus Wallner, LH

Christian Netzer, 34, Schruns

Felix Weiler, 22, Altach





Daniel Lechner, 25, Feldkirch

Rosa Rietzler, 59, Bludenz

61, Altach
Die ÖVP hat ein strukturelles Problem und durch den Austausch von Personen wird dieses nicht gelöst. Aber ich bin nicht dafür da, der ÖVP Ratschläge zu erteilen. Spindelegger stand bei der Steuerreform sicher am stärksten auf der Bremse. Jetzt ist zu hoffen, dass das wirklich zentrale Problem, nämlich die Steuerungerechtigkeit, schnell gelöst wird.

61, Weiler
Ich bin etwas zwiegespalten. Persönlich bedauere ich den Rücktritt von Michael Spindelegger. Ich verbinde damit aber auch die Hoffnung, dass sich in den entscheidenden Fragen endlich etwas tut. In der Bildungspolitik etwa sind viele wichtige Bereiche am „Niet“ Spindeleggers gescheitert – dort hat er sich ähnlich wie auch bei den Steuerfragen einzementiert.

45, Hörbranz
Ich bin vom Rücktritt Spindeleggers schon überrascht worden. Ich habe gedacht, dass er als ÖVP-Parteiobmann einen längeren Atem hat. Dass sein Rücktritt irgendwann kommt, damit habe ich schon gerechnet. Aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass er nun die Nerven weggeschmissen hat. Das ist von uns zur Kenntnis zu nehmen.

45, Bregenz-Fluh
Der Zeitpunkt und die Geschwindigkeit des Schrittes und die endgültigen Konsequenzen, die Spindelegger gezogen hat, waren schon überraschend. Ich habe erst über vol.at davon erfahren. Nicht einmal das ganze Regierungsteam wurde wirklich informiert. Das deutet schon darauf hin, dass Spindelegger auch zutiefst menschlich enttäuscht ist.

40, Dornbirn
Man muss Herrn Spindelegger auch Respekt zollen für eine schwierige Arbeit, die er machen musste. Denn er hat das Hypo-Debakel nicht verschuldet, sondern den Mist ausbaden müssen. Seine Vorgänger steckten den Kopf in den Sand, Spindelegger hat die Verantwortung übernommen. Wir wünschen der ÖVP nun einen guten Weg in Richtung Erneuerung.

62, Hohenems
Da Spindelegger in der eigenen Partei keinen Rückhalt mehr hatte, war vorherzusehen, dass er es auf Dauer nicht aushalten wird. Es ist aber eine ÖVP-interne Geschichte, wenn die Landeshauptleute immer wesentlich gescheiter sind und ihn kritisieren. Es wird aber trotz des Rücktritts in der ÖVP wohl keine großen Veränderungen geben.
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