Conchita und die ÖVP
Sind gleichgeschlechtliche Paare eine Familie? Die Antwort kommt in Bälde. Am Drücker sitzt die ÖVP. Bisher stand sie auf der Bremse. In diesen Tagen hat sie überraschend aufs Gas gedrückt. Derzeit tragen gleichgeschlechtliche Paare nur einen Nachnamen, aber keinen Familiennamen. Diese Bezeichnung wäre verboten. Nun aber hat sich die Volkspartei ein Herz gefasst. Sophie Karmasin, die von der ÖVP gestellte Familienministerin, meint: „Es ist nicht gestattet, einen gemeinsamen Familiennamen auszusuchen. Das finde ich schon eine ziemlich starke Diskriminierung dieser Paare: Letztendlich geht es da nicht nur um die Namensfrage, da geht es sehr stark um die Frage: Sind homosexuelle Paare eine Familie oder nicht?“ Das war eine starke Ansage. Aber die Familienministerin hat sich bei den konservativen Größen der Volkspartei abgesichert. Selbst Andreas Kohl, der Chef des ÖVP-Seniorenbundes, unterstützt sie. Es sei eine unnötige Kränkung, meinte er, „dass Homosexuelle nach der Verpartnerung keinen gemeinsamen Familiennamen tragen dürfen“. Eines ist allen klar: Wenn der Gesetzgeber diesen Paaren ermöglicht, einen Familiennamen und nicht nur einen Nachnamen zu tragen, ist das die Anerkennung als Familie.
Die Neos-Abgeordnete Beate Meinl-Reisinger hat den Justizminister gefragt, wann es denn nun gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglicht werde, einen gemeinsamen Familiennamen zu tragen. Wolfgang Brandstetter hat vor wenigen Tagen geantwortet: Ja, es werde bereits an einer Umsetzung dieses Vorhabens gearbeitet. Es werde noch im Kalenderjahr 2015 dazu kommen.
Es hat sich viel bewegt in der ÖVP. Katharina Wiesflecker, heute Landesrätin für Soziales, wollte im Dezember 2009 vom Landeshauptmann wissen, wie er Homosexualität definiere. Der schrieb zurück: „Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, eine Definition von Homosexualität vorzunehmen. Nach uns vorliegenden Informationen wurde Homosexualität von der Weltgesundheitsorganisation ab 1992 nicht mehr in die International Classification of Diseases aufgenommen.“ Sie galt nicht mehr als Krankheit. Das war’s. Wenige Jahre später wird gleichgeschlechtlichen Paaren durch die Familienministerin und den Justizminister, die beide der ÖVP zugerechnet werden, die Anerkennung als Familie gewährt. In der Bevölkerung rätselt man: Ist es der Django-Effekt des neuen ÖVP-Obmannes oder der Conchita-Effekt der männlichen Songcontest-Siegerin? Vielleicht ist es auch nur die Angst vor dem Verfassungsgerichtshof. Was auch immer. Irgendwie ist es jedenfalls eine kleine Strafe Gottes an den Christlich-Sozialen, die das nun ausführen müssen. Sie haben in dieser Frage viele Familien lange in ihrem Kummer allein gelassen.
Irgendwie ist es jedenfalls eine kleine Strafe Gottes an den Christilich- Sozialen.
arnulf.haefele@vorarlbergernachrichten.at
Arnulf Häfele ist Historiker und Jurist.
Er war langjähriges Mitglied des Vorarlberger Landtags.
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