Mikl-Leitner befürchtet rund 40.000 Asylwerber

Innenministerin hofft auf neues EU-Asylverfahren zur Verteilung der Flüchtlinge.
Wien. Johanna Mikl-Leitner ist in Eile. Um dem steigenden Zustrom von Flüchtlingen Frau zu werden, drängt die VP-Innenministerin auf Verfahrensänderungen im Inland und auf EU-Ebene. Denn die Entwicklung der Asylwerberzahlen bisher und die Prognosen für 2015 beunruhigen Mikl-Leitner, wie sie im VN-Gespräch zugibt.
2013 sind in Österreich 15.503 Asylanträge gestellt worden, im Vorjahr betrug die Zahl 28.027. Und was bringt das laufende Jahr? “Aufgrund der globalen politischen Lage können wir nicht mit einer Entspannung rechnen, eher das Gegenteil wird der Fall sein. Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich im laufenden Jahr die Zahl der neuen Asylanträge in einem Bereich bis zu 40.000 bewegen wird.” Eine weitere Steigerung von 43 Prozent nach einem Anstieg von 81 Prozent im Jahr zuvor. Insbesondere der derzeitige Exodus aus dem Kosovo bereitet der Ressortchefin Kopfzerbrechen, weswegen sie sich derzeit am Balkan aufhält, um mit dortigen Amtskollegen zu reden.
Stetig steigender Zustrom
Hatten im Jahr 2013 noch 935 Menschen aus dem Kosovo in Österreich um Asyl ersucht, lag die Zahl im Vorjahr bereits bei 1901. Und allein im vergangenen Monat kamen weitere 1029 Asylanträge aus dem Kosovo hinzu. “Aufgrund der Massenauswanderung aus dem Kosovo müssen wir schnell reagieren. Diese Auswanderer blockieren unser Asylsystem für echte Kriegsflüchtlinge”, erklärt Johanna Mikl-Leitner: “Menschen aus dem Kosovo haben in Österreich kaum eine Chance, Asyl zu bekommen, weil es in ihrer Heimat keinen Krieg gibt und weil sie dort auch nicht verfolgt werden.”
Nicht zuletzt deswegen will die Ministerin schnellere Verfahren in Österreich durchsetzen, inklusive der Möglichkeit, Asylwerber nach einem erstinstanzlichen Nein trotz offenem Berufungsverfahren in sichere Drittländer abzuschieben: per Flugzeug massenweise alle zwei Wochen. Wie berichtet, laufen Hilfsorganisationen dagegen Sturm. Auch der Koalitionspartner SPÖ hat seine Bedenken, weshalb sich die FPÖ angeboten hat, gemeinsam mit dem Team Stronach der ÖVP-Ministerin Schützenhilfe zu geben und mit der notwendigen Stimmenmehrheit der drei Parteien im Nationalrat auch gegen die SPÖ das Ansinnen durchzuboxen. Davon hält Mikl-Leitner aber nichts: “Ich glaube, auch die SPÖ hat inzwischen erkannt, dass wir schnellere Asylverfahren brauchen. Eine neue EU-Richtlinie, die bis zum Sommer umgesetzt werden soll, gibt uns auch rechtlich die Möglichkeit zu noch schnelleren Asylverfahren. Hätten wir derzeit das Problem mit dem Kosovo nicht, wäre unser Asylsystem nicht derart hoch belastet.”
EU-rechtlich grünes Licht
Die Länder sollen künftig jedenfalls mehr Zeit erhalten, sich auf den Quartierbedarf einzustellen. Mikl-Leitners Ressort hat dazu ein Planungstool entwickelt, das jeweils für zwei Monate voraus eine bestimmte Zahl an benötigten Plätzen vorsieht. Bis Ende März müssen die Länder demnach gut 2000 Plätze zusätzlich schaffen.
Aber auch auf EU-Ebene erhofft sich die Ministerin eine Veränderung. Immerhin nehmen derzeit nur zehn Mitgliedsstaaten etwa 90 Prozent aller Flüchtlinge auf, Österreich gehört dazu. Für eine gerechtere Lösung “haben wir Safe Life, ein Projekt aus Österreich, vorgeschlagen, das derzeit mit guten Aussichten auf Umsetzung diskutiert wird”, erklärt Mikl-Leitner. Dieses sieht vor, dass der UNHCR direkt vor Ort in den Drittstaaten die Erstprüfung der Schutzbedürftigkeit vornimmt. Danach werden die Schutzbedürftigen nach einem bestimmten Schlüssel auf alle EU-Staaten aufgeteilt. “Das hat den Vorteil, dass auch nur die wirklich Schutzbedürftigen nach Österreich kommen und es würde gleichzeitig den Schleppern den Nährboden entziehen.” Ganz besonders würde dieses Projekt Tausenden Menschen das Leben retten, die dann nicht mehr den gefährlichen Weg über das Mittelmeer nehmen müssten. Mikl-Leitner: “In den nächsten Wochen soll ein entsprechendes Pilotprojekt auf EU-Ebene vorliegen. So weit waren wir bei diesem Problem noch nie.”
Diese Auswanderer blockieren unser Asylsystem.
Johanna Mikl-Leitner