Vor allem die ÖVP hat ein Problem mit Irmgard Griss

Politik / 17.02.2015 • 22:49 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission, Irmgard Griss, leuchtete alle Aspekte der Affäre rund um das Finanzdebakel aus. FOTO: APA
Die Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission, Irmgard Griss, leuchtete alle Aspekte der Affäre rund um das Finanzdebakel aus. FOTO: APA

Belastender Bericht der Hypo-Kommission spricht gegen eine Präsidentschaftskandidatur 2016.

Wien. (VN) Auch zweieinhalb Monate nach ihrem großen Auftritt wird Irmgard Griss zumindest in der Bundeshauptstadt herumgereicht. Vor wenigen Tagen trat sie etwa vor sozialdemokratischer Prominenz in der Kreisky-Villa auf und holte Anwesenden zufolge weitere Sympathiepunkte. Als wäre die 68-Jährige nicht ohnehin schon die größte Hoffnungsträgerin der heimischen Politszene: Kaum hatte sie Anfang Dezember den Abschlussbericht der Untersuchungskommission zur Causa Hypo Alpe Adria präsentiert, war sie zunächst in sozialen Medien als „die“ Bundespräsidentschaftskandidatin 2016 gehandelt worden. Und zwar so intensiv, dass bald darauf auch Parteienvertreter der Überzeugung waren, dass sie das Zeug dazu hätte.

Die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH) selbst gibt sich zurückhaltend: Über ein Antreten würde sie nachdenken, wenn sie von SPÖ und ÖVP gemeinsam getragen werden würde, ließ sie vor Weihnachten wissen. Eine entsprechende Zusage von Rot und Schwarz gibt es freilich noch nicht und wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nie geben.

Da kann sich Griss noch so ins Zeug legen. Bei ihrem Vortrag in der Kreisky-Villa referierte sie etwa über politische Verantwortung und lieferte dabei eine Abrechnung mit Entscheidungsträgern: Dass sie Medienarbeit mit Sacharbeit verwechselten; dass Redlichkeit und Verlässlichkeit aus der Mode geraten seien. Worte, die auf allgemeine Zustimmung stoßen und Griss’ Ansehen als moralische Instanz stärken.

Zuletzt hat auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erkennen lassen, dass er sich die Antipolitikerin als überparteiliche Präsidentschaftskandidatin vorstellen könnte. Womit endgültig Spekulationen aufkamen, dass dem wirklich nicht mehr viel im Weg steht.

Gegner in der Großen Koalition

Doch Griss hat auch Gegner; die sind vor allem in der ÖVP, zum Teil aber auch in der SPÖ zu suchen. Die Erklärung dafür liegt in ihrer Botschaft zur Causa Hypo Alpe Adria; dort ortet sie ein „multiples Systemversagen“. Für die Freiheitlichen ist das Musik in den Ohren, stellt sie damit ja immerhin fest, dass bei Weitem nicht Jörg Haider allein die Schuld an dem milliardenschweren Debakel trifft, sondern auch diejenigen, die auf Bundesebene die keineswegs alternativlose Verstaatlichung 2009 und die weitere Abwicklung verantworteten, also die ehemaligen ÖVP-Finanzminister Josef Pröll und Maria Fekter, aber auch Regierungschef Werner Faymann (SPÖ).

Tatsächlich hat Irmgard Griss alle Aspekte der Affäre ausgeleuchtet; nicht nur die, die Parteistrategen am Herzen liegen. So besuchte sie auch den ehemaligen Hypo-Chef Wolfgang Kulterer im Gefängnis, um seine Sicht der Dinge zu hören. Etwas, was sonst noch niemandem eingefallen ist, wie ein Kulterer-Vertrauter berichtet. Ein ÖVP-Vertreter, der ebenfalls von Griss befragt worden war, bestätigt den Eindruck, dass sie sich nicht nur mit der Haider-Ära auseinandergesetzt habe. Ganz im Gegenteil, sie habe sich auffallend stark auch mit dem bundespolitischen Kapitel ab 2009 beschäftigt.

Das wird zu schaffen machen

Das sitzt tief und wird den beiden Regierungsparteien aufgrund der nun folgenden Aufarbeitung der Affäre im parlamentarischen Untersuchungsausschuss bis weit ins kommende Jahr hinein zu schaffen machen. Wofür sie Griss allerhand nachsagen, sie aber wohl kaum mit einer Präsidentschaftskandidatur belohnen werden.

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