Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

Heiße Tage

Politik / 07.07.2015 • 23:01 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Doris Bures stehen als Nationalratspräsidentin wohl keine heißen Tage ins Hohe Haus. Das Hoch Annelie verliert schon in den nächsten Tagen die Macht über die Außentemperaturen. Im Parlament ist das Klima ohnehin höchstens gemäßigt, gröbere Unwetter sind nicht zu erwarten. Alle Abgeordneten zeigen vor der Sommerpause Hyperaktivität statt Hitzestau.

Auf der Tagesordnung stehen beispielsweise die Steuerreform samt der Abschaffung des Bankgeheimnisses, ein neues Erbrecht mit Vorteilen für pflegende Angehörige, ein gerechteres Strafrecht inklusive dem sogenannten Pograpsch-Paragrafen, das Rauchverbot in der Gastronomie ab 2018 und eine Regelung für alternative Finanzierungsmöglichkeiten.

Der Vorteil derartiger Sitzungsmarathons und umfassender Gesetzespakete ist die Verteilung von Geben und Nehmen auf alle Parteien, oder besser gesagt: Mal setzt sich der eine durch, mal bekommt der andere etwas. Nur so kann die ÖVP ihre zahlreichen Niederlagen etwa bei der Deckelung der Grunderwerbsteuer, beim Mystery-Shopping bei Ärzten und bei der Registrierkassenpflicht schlucken. Die SPÖ ließ ihren Regierungspartner mit seinen Änderungswünschen eiskalt abblitzen.

Der vor sieben Wochen angekündigte Aufstand der steirischen VP-Abgeordneten gegen die Konteneinsicht ist dessen ungeachtet abgeblasen. Schließlich sind die Wahlen inzwischen geschlagen, und als Landeshauptmannpartei sieht die Welt gleich ganz anders aus.

Interessant ist aber auch, was in diesen Tagen vom Parlament nicht beschlossen wird. Bei der Aufwertung der Volksbegehren hat die Regierungspartner vollends der Mut verlassen, ganz ohne Zutun der Oppositionsparteien und trotz Versprechen im Regierungsprogramm und einer vorbereitenden Enquete mit Bürgerbeteiligung. Die Idee von verpflichtenden Volksbefragungen nach Volksbegehren mit über 650.000 Unterschriften wird nicht weiterverfolgt. Eine rechtlich unverbindliche Volksbefragung wohlgemerkt, keine die Politik bindenden Volksabstimmungen wie etwa in der Schweiz. Das letzte Wort soll bei der Politik oder besser: bei den Parteien bleiben.

Tatsächlich ist es nicht sonderlich schade um diese halbherzigen Initiativreferenden. Volksbegehren gehen nur in Ausnahmefällen wirklich vom Volk aus, direkte Demokratie konnte selten Konflikte lösen, wie das Referendum in Griechenland beweist. Doch die Debatte über die Kluft zwischen Bevölkerung und politischen Eliten darf damit nicht beendet sein. Die Aufwertung der direkten Demokratie auf Landesebene ist reine Augenauswischerei. Denn bei allen wichtigen Themen (Arbeitsplätze, Bildung, Pensionen, Sicherheit, Integration) liegen die Kompetenzen beim Bund.

Den Politikern seien die kommenden Ferientage gegönnt. Sie könnten die Zeit nutzen und neue Pläne sowie Vorsätze fassen, was Reformen und Umgang miteinander angeht. Die nächsten heißen Tage kommen sicher: im Herbst, wenn Oberösterreich und Wien wählen.

Die Aufwertung der direkten Demokratie auf Landesebene ist reine Augenauswischerei.

kathrin.stainer-haemmerle@vorarlbergernachrichten.at
FH-Prof. Kathrin Stainer-Hämmerle, eine gebürtige Lustenauerin,
lehrt Politikwissenschaften an der FH Kärnten.

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