Die zwei Gesichter des Präsidenten

Politik / 03.05.2016 • 22:45 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Rohanis Reformer triumphierten bei der Wahl. Foto: reuters
Rohanis Reformer triumphierten bei der Wahl. Foto: reuters

Rohani: Lächeln zur Welt – Fratze in Sachen Menschenrechte.

teheran. Die iranischen Nachwahlen haben am Wochenende nach dem Haupt­urnengang von Ende Februar erneut der „Hoffnungs-Liste“ des als Reformer gehandelten Präsidenten Hassan Rohani den Sieg beschert. In der Zwischenzeit war die Position des erfolgreichen Atomdealers vom Vorjahr in der Islamischen Republik wieder unsicher geworden. Die mächtigen Revolutionsgarden provozierten ihn und seine Entspannungspolitik mit militärischen Kraftstücken. Teherans oberster geistlicher Führer Ali Khamenei wies jede weitere Annäherung an die „großen Teufel“ Israel und USA zurück. Rohani fühlte sich in seiner Haut schon so unbehaglich, dass er die feststehenden Staatsbesuche in Wien und Bagdad kurzfristig absagte, um sich ja nicht bei der Rückkehr nach Teheran entmachtet vorzufinden.Nun scheint der schiitische Kleriker wieder fest im Sattel zu sitzen. Wer aber jetzt vom zweiten Wahlsieg seiner Reformer mehr Menschenrechte, Frauen- und Religionsfreiheit erwartet, ist auf dem Holzweg. In diesen Belangen hatte es unter Rohani noch nie einen Wandel zum Besseren gegeben. Er scheint daran gar nicht interessiert zu sein und überlässt diesen Bereich den Ultra-Schiiten, die dafür seinen ohnedies bescheidenen außenpolitischen Spielraum zulassen. Nicht einmal einer wichtigen weiblichen Mitstreiterin, der jungen Abgeordneten Mina Kaleghi aus Isfahan, kommt er jetzt zu Hilfe, da sie die schiitische Klerisei als „schlechte Muslimin“ aus dem neuen Parlament gestrichen hat.

Unterdrückung verschlimmert

Die Unterdrückung von Christen und anderen Religionsgemeinschaften in der Islamischen Republik Iran nimmt unter dem Reformer Rohani sogar wieder zu. Dabei hatte er gleich 2013 nach seiner Wahl zum Präsidenten verkündet: „Alle Volks- und alle nicht-islamischen Religionsgemeinschaften sollen Gerechtigkeit fühlen.“

Doch geht die Unterdrückung der iranischen Minderheiten unter dieser Präsidentschaft unvermindert weiter und hat sich sogar verschlimmert. 2015 war eines der schlimmsten Jahre seit der politislamischen Machtergreifung 1979 für die iranischen Christen, aber auch für Juden, Parsen und besonders die aus der iranischen Schia hervorgegangene Neureligion der Bahai. Neben den meist evangelikalen Neu­christen leiden auch die traditionellen christlichen Gemeinschaften Irans, denen die Verfassung der Islamischen Republik Kultfreiheit zugesteht, unter Rohanis offenkundiger Devise: Nach außen lächeln – nach innen treten! So hat das Jahr 2016 der chaldäisch-katholischen Gemeinde von Teheran-West schon die Umwandlung ihrer Kirche in ein islamisches Gebetszentrum beschert. Erzbischof Ramzi Garmou sucht gerade jetzt Hilfe in der Schweiz und Österreich.

Irans Frauen und Minderheiten befürchten, nun erst recht unter die Räder der geschäftstüchtigen Umwerbung Irans durch den Westen nach der von Rohani erreichten Aufhebung des Wirtschaftsboykotts zu geraten. Alle Industrieländer wollen nun wieder an den Ayatollahs verdienen; niemand getraut sich, sie mit Eintreten für Menschenrechte zu ärgern. Der doppelgesichtige Rohani hat auch deshalb Erfolg, weil er den ökonomisch Starken dieser Welt gelegen kommt!

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