Ein neuer Bürgermeister für London

Labour gratuliert Khan zum Sieg in London. Partei muss sonst
Verluste bei Regionalwahlen hinnehmen.
london. (VN) Zu dem zuvor erwarteten Desaster für Labour ist es bei den Regional- und Kommunalwahlen in Großbritannien zwar nicht gekommen. Doch die Partei von Jeremy Corbyn steht weiterhin stark unter Druck. In Schottland verlor sie deutlich an Boden, auch die EU-feindliche Ukip-Partei triumphierte in Wales. Millionen Briten haben am Donnerstag neue Regional- und Kommunalparlamente gewählt, am Freitag wurden die Ergebnisse dann ausgezählt.
Khan vor Goldsmith
London hat zum ersten Mal einen muslimischen Bürgermeister gewählt. Das stand bereits vor der endgültigen Auszählung aller Stimmen am Freitagabend fest. Der Labour-Politiker Sadiq Khan erhielt rund 44 Prozent der Stimmen und lag damit fast zehn Prozentpunkte vor seinem konservativen Rivalen Zac Goldsmith. Damit übernimmt die Arbeiterpartei nach acht Jahren wieder das Ruder in der britischen Hauptstadt. Noch bevor das Endergebnis feststand, gratulierten Labour-Chef Jeremy Corbyn und New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio dem 45-jährigen Khan zum Wahlsieg. Bei der Abstimmung konnten die Wähler ihre Präferenzen auf mehrere Kandidaten verteilen. Das heißt sie durften auch angeben, wer Bürgermeister werden soll, falls ihr Favorit weniger als 50 Prozent der Stimmen erhält. Da weder Khan noch Goldsmith diese absolute Mehrheit gewannen, wurden am Freitag auch die sogenannten Zweitpräferenzen einbezogen, und es galt als statistisch sehr wahrscheinlich, dass Khan damit die absolute Mehrheit erreichen wird.
Mit Khan würde die Millionenmetropole zum ersten Mal einen muslimischen Bürgermeister bekommen. Der 45-jährige Menschenrechtsanwalt wäre damit Nachfolger des populären Konservativen Boris Johnson, der insgesamt acht Jahre lang Stadtchef war. In London leben 8,6 Millionen Menschen, von denen mehr als eine Million Muslime sind.
Die Regionalwahlen waren als erster Test für den Labour-Parteichef Jeremy Corbyn gewertet worden. Im Vergleich zu den Wahlen 2011 und 2012 muss seine Partei starke Verluste hinnehmen. Die ganz große Schmach dürfte dem Oppositions-Vorsitzenden aber erspart bleiben.
Leichte Zugewinne
Im Hinblick auf das katastrophale Ergebnis bei der nationalen Parlamentswahl im vergangenen Jahr gewinnt Labour wieder etwas an Boden. Umfragen hatten zunächst eine Katastrophe vorausgesagt, die auch für den Parteichef zur echten Gefahr hätte werden können. „Wir sind drangeblieben und haben vielerorts Unterstützung gewonnen“, sagte Corbyn.
Separatisten triumphieren
Der konservative Premierminister David Cameron erklärte hingegen, der Wahltag habe gezeigt, dass die Arbeiterpartei mittlerweile die Verbindung zu den Wählern „völlig verloren“ habe. In ihrer einstigen Hochburg Schottland musste Labour eine herbe Niederlage hinnehmen. Die Konservativen überholten die Partei und wurden zweitstärkste Kraft nach der linksgerichteten Schottischen Nationalpartei (SNP). Dem am Freitag veröffentlichten Endergebnis zufolge eroberten die Nationalisten 63 der 129 Sitze. Parteichefin Nicola Sturgeon feierte den dritten Wahlsieg ihrer Partei in Folge. „Wir haben Geschichte geschrieben“, sagte die schottische Ministerpräsidentin. Die absolute Mehrheit haben die Separatisten aber verloren. Im März hatte die SNP angekündigt, nach dem Referendum über die britische EU-Mitgliedschaft am 23. Juni erneut für die Abspaltung Schottlands von Großbritannien werben zu wollen.
EU-Feinde im Parlament
In Wales wurde Labour mit Abstand die stärkste Kraft. Auch die Ukip dürfte mehrere Sitze ergattern und zum ersten Mal in ein Parlament einziehen. Der Chef der EU-feindlichen Partei, Nigel Farage, jubelte über einen „Durchbruch“. Auch in den englischen Kommunen gab es Gewinne für Ukip. In London warb Europa-Freund Khan für den Verbleib innerhalb der EU, sein Gegner Goldsmith für den Austritt.
Rund 40 Millionen Briten waren am von den Medien getauften „Super Thursday“ dazu aufgerufen gewesen, Regional- und Kommunalparlamente zu wählen. Neben London stand auch in anderen Großstädten der Bürgermeister zur Wahl.
Wir sind drangeblieben und haben Unterstützung gewonnen.
Jeremy Corbyn
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