Ohne Profil
So hat man sie noch nie gesehen. Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer waren am Sonntagabend bei einer TV-Debatte auf sich allein gestellt. Kein Moderator saß zwischen ihnen. „Wir werden uns sehr gut benehmen“, hat Hofer versprochen. Gehalten hat er das nicht. Auch nicht Van der Bellen.
Vielmehr haben die beiden bewiesen, dass sich der Wahlkampf längst nicht mehr auf Inhalte konzentriert. Er ist im Endspurt der Emotionen und gegenseitigen Untergriffigkeiten angekommen. Punkten konnten weder Hofer noch Van der Bellen in der unmoderierten Debatte von ATV. Statt eigener Profilierung konzentrierten sie sich lieber auf den jeweils anderen. So warnte Van der Bellen erneut vor einer blauen Republik und einem autoritären Führungsstil des FPÖ-Kandidaten. Hofer wurde nicht müde zu erwähnen, Präsident der Menschen zu werden. Sein Gegenüber hingegen sei ein Oberlehrer aus der Schickeria mit Hang zu einer zentralistischen EU.
Die Kandidaten sollten sich vor solchen Entgleisungen hüten. In einer Woche steht fest, wer von ihnen Bundespräsident sein wird. Zu sehr in einen Lagerwahlkampf mit Warnungen vor dem jeweils anderen zu verfallen, ist weder zuträglich für das Ansehen des höchsten Amtes im Staat, noch hilft es auch nur einem einzigen Wähler bei seiner Entscheidung am Sonntag. Hofer und Van der Bellen sollten den Endspurt daher dafür nutzen, ihr eigenes Profil zu schärfen. Schließlich geht es darum, wie sie die Hofburg weiter oder neu führen möchten, um den Umgang mit ihren verfassungsrechtlichen Kompetenzen sowie der Regierung, um ihre Positionierung in und außerhalb der EU und um die Akzente, die sie für Österreichs Wirtschaft setzen möchten.
In all diesen Punkten widersprechen sich die Kandidaten so sehr, dass es mehr als nur ausreichen würde, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Untergriffigkeiten, Hinweise auf zerstörte Wahlplakate oder Facebook-Postings sind dabei nicht zielführend. Auch nicht die Warnung vor dem jeweils anderen.
Hofer und Van der Bellen dürfen trotz des Wahlkampfs nicht vergessen, um welches Amt sie sich bewerben und sollten auch dementsprechend handeln. Bald steht fest, wer von ihnen Heinz Fischer beerben wird. Beide werden sich bemühen müssen, dass ihr Amtsantritt nicht vom schalen Beigeschmack eines brutalen Wahlkampfgeplänkels geprägt sein wird.
Beide haben bewiesen, dass sich der Wahlkampf längst nicht mehr auf Inhalte konzentriert.
birgit.entner@vorarlbergernachrichten.at, 01/3177834
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