Sprichwörtlich
Nur die größten Kälber wählen sich ihren Metzger selber. Das ist ein derber Spruch. Gewiss. Man könnte es auch feiner ausdrücken. Aber der Wahrheitsgehalt bliebe derselbe. Die deftige Volksweisheit will uns sagen, dass ein vernünftiger Mensch normalerweise nichts machen würde, was ihm selber schaden könnte. Bei Wahlgängen trifft das nicht immer zu. Da kommt die Reue oft zu spät.
Es gibt vereinzelt Leute, die unser Bundesland höchstens bei der Hochzeitsreise oder beim Jahrgänger-Ausflug ins Südtirol einmal verlassen haben. Manche glauben auch, man könne sich um die Ecke einen Globus von Vorarlberg kaufen. Und sie wehren sich heftig gegen kritische Stimmen aus dem Ausland über die rechtslastige Entwicklung der österreichischen Innenpolitik. Europa, nicht mit uns. Für sie gibt es keinen Zweifel, wer am Sonntag in die Hofburg gewählt werden soll. Kornblume hin, Kornblume her. All diese Leute verdrängen eine einfache Tatsache: Wir Vorarlberger profitieren jeden Tag aufs Neue von unserer Einbettung in die Europäische Union. Wir haben dem Euro und der EU Tausende Arbeitsplätze zu verdanken. Ohne diese europäische Vernetzung könnte die Mehrheit der Vorarlberger ihren Lebensstandard nicht halten. Jeder einzelne Arbeitsplatz würde bei einem Austritt auf dem Prüfstand stehen.
Da erstaunt es schon, dass ein Hofburgkandidat erklären kann, er habe seinerzeit gegen einen EU-Beitritt Österreichs gestimmt und er würde heute wieder dagegen stimmen, wenn es eine Volksabstimmung gäbe. Vorarlberg lebt auch vom Tourismus. Viele Hoteliers überlegen sich, wegen erhöhter Abgaben und Registrierkassenpflicht aus Protest blau zu wählen. Bei der Bundespräsidentenwahl wäre diese Einstellung fatal. Sie würden sich ins eigene Fleisch schneiden. Bei den politischen Vorstellungen des rechtspopulistischen Kandidaten mit dem Ausstieg aus dem Euro müssten sich die Hotelbetreiber bald über einen rasanten Touristenschwund wundern, den sie mit ihrer eigenen Wahl herbeigeführt haben.
Am Sonntag wird über das Ansehen Österreichs im Ausland abgestimmt. Nach dem ersten Wahlgang hat der Strache-Stellvertreter herzliche Glückwünsche von der rechtsradikalen französischen Parteichefin Marine Le Pen erhalten. Sie arbeitet im Europaparlament mit der FPÖ-Fraktion eng zusammen. Ihr Ziel ist nach eigenen Worten die Zerstörung der EU. Sie will auch den Euro abschaffen. Falls sie Präsidentin in Frankreich werden sollte, wäre das wohl die einzige Einladung zu einem Staatsbesuch, die ein rechtspopulistischer Bundespräsident erwarten könnte. Vorbei wäre es mit den großen Wirtschaftsdelegationen, die bei Staatsbesuchen ins Ausland mitreisen und milliardenschwere Exportverträge zur Absicherung unserer Arbeitsplätze abschließen. Staatsbesuche können nämlich nur aufgrund von Einladungen anderer Staaten erfolgen. Ein Bundespräsident, der die EU ablehnt, könnte nicht damit rechnen. Er müsste bei „Staatsbesuchen“ mit Donauland und dem Teppichland vorlieb nehmen.
Am Sonntag wird über das Ansehen Österreichs im Ausland abgestimmt.
arnulf.haefele@vorarlbergernachrichten.at
Arnulf Häfele ist Historiker und Jurist.
Er war langjähriges Mitglied des Vorarlberger Landtags.
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