Milchpreis auf neuem Tiefstand

Politik / 30.05.2016 • 22:21 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Seit 1995 habe sich die Zahl der milchproduzierenden Betriebe halbiert, warnt Moosbrugger vor einem gefährlichen Trend.  FOTO: Berchtold
Seit 1995 habe sich die Zahl der milchproduzierenden Betriebe halbiert, warnt Moosbrugger vor einem gefährlichen Trend.  FOTO: Berchtold

Bauern unter Druck: Vorarlberger Landwirtschaftskammerpräsident fordert Eingreifen.

Wien. Die Bauern geraten an ihre Grenzen. Der Milchpreis befindet sich in Österreich auf einem Tiefstand von 27 bis 29 Cent pro Liter. Vor einem Jahr seien es noch 40 Cent gewesen, sagt der Vorarlberger Landwirtschaftskammer-präsident Josef Moosbrugger. Der Grund: Mit dem Ende der EU-Milchquote können Bauern beliebig viel produzieren, das Angebot schnellte in einigen Ländern in die Höhe. Die Absatzmärkte allerdings entwickelten sich schlechter als erwartet. Der Preis sinkt.

„Milchdialog“ im Juni

Während in Deutschland bereits eine Soforthilfe für die Bauern angekündigt wurde, kommt es im österreichischen Parlament erst am 14. Juni zu einem „Milchdialog“. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) will dabei mit Abgeordneten, Bauern, Händlern, Molkereien und Konsumentenvertretern Lösungsansätze entwickeln. Neun Tage später werden sich auch die zuständigen Landesräte mit dem Thema auseinandersetzen, meint Erich Schwärzler. Der Agrarlandesrat hofft vor allem auf die Konsumenten und bittet sie, Vorarlberger Produkte zu kaufen. Schließlich würden die heimischen Bauern nicht nur unsere Ernährung sichern, sondern auch die Landschaftspflege übernehmen: „Der Weltmarkt wird nicht kommen und unsere Bergwelt bewirtschaften.“

Die Zahl der milchproduzierenden Betriebe in Vorarlberg ist bereits drastisch gesunken. Seit 1995 habe sie sich halbiert, warnt Moosbrugger vor einem gefährlichen Trend. Er sieht vor allem die EU-Kommission in der Pflicht. Dass sie in diesem Jahr bereits 218.000 Tonnen Magermilch zu Festpreisen aufgekauft und den Markt damit entlastet hat, sei zu wenig. Auch die Ankündigung, den Ankauf auf 350.000 Tonnen zu erhöhen, reiche nicht aus. Die Maßnahmen müssten auch auf Produkte wie Butter ausgeweitet werden, sagt Moosbrugger. Ebenso sollten die EU-Staaten neue Wege finden, um das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht zu bringen. 

Ähnlich sieht das der Bauer und Nationalratsabgeordnete Norbert Sieber (ÖVP). Wie auch Moosbrugger plädiert er zudem dafür, jenen Betrieben Prämien zu zahlen, die ihren Viehbestand verringern. Das entlaste den Markt. Ebenso gefragt sei der Handel. Kritik übt Sieber vor allem an Eigenmarken der Lebensmittelhändler. Sie würden die Bauern an kurzer Leine halten. Moosbrugger spricht sich gegen Rabattaktionen aus: „Regionale Produkte sind zu schade für Schleuderaktionen.“

„Quote kein Heilmittel“

Einer Wiedereinführung der EU-Milchquote stehen beide kritisch gegenüber. Sie werde an den Staaten mit großer Milchproduktion scheitern, meint der Kammerpräsident. Sieber sieht in ihr ohnehin nicht das Heilmittel: „Auch zu Zeiten der Quote hatten wir solche Talsohlen“, verweist er auf die Preise im Jahr 2009. Vom Konsumenten über den Handel und die Bauern bis hin zur Politik, alle seien gefordert, damit der Milchpreis wieder steigt. 40 Cent pro Liter sollten Sieber zufolge das Ziel sein. Milchbauern würden damit zwar nicht reich werden, die Kosten wären aber gedeckt. Als schnelle Hilfe kann sich der Mandatar vorstellen, eine Quartalszahlung der bäuerlichen Sozialversicherung auszusetzen. Dies würde rund 150 Millionen Euro ausmachen und könne aus den Rücklagen der Versicherung finanziert werden.

Regionale Produkte sind zu schade für Schleuder­aktionen.

Josef Moosbrugger

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