Front gegen Neuwahlverbot

SPÖ und ÖVP kritisieren Rechnungshofpräsidentin für ihre politischen Vorschläge.
Wien. Zwischenrufe aus dem Rechnungshof sind bei den Regierungsparteien offenbar nicht erwünscht. SPÖ und ÖVP lehnten am Dienstag den Vorschlag von Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker, vorgezogene Wahlen zu verbieten, als deplatziert ab. Es sei nicht ihre Aufgabe, politische Vorschläge zu machen, sagte etwa Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ). Mit solchen Aussagen schwäche die Präsidentin das Parlament und nähre Neuwahlwahlspekulationen, meinte auch ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka. Sein SPÖ-Kollege Andreas Schieder warnte vor solchen befremdlichen Vorschlägen, die in die Grundkompetenzen des Parlaments eingreifen würden.
Opposition zwiegespalten
Kraker hatte am Dienstag im VN-Interview die permanenten Neuwahlspekulationen angeprangert. Diese würden das politische System und die Entscheidungsfreude der Regierung hemmen. Daher solle Österreich mit einer Tradition brechen und zu einer vierjährigen Legislaturperiode des Nationalrats zurückkehren. Er solle nicht mehr vorzeitig aufgelöst werden können. Nach Krakers Vorstellung wären vorgezogene Wahlen somit grundsätzlich verboten. Nur der Bundespräsident sollte diese im Ausnahmefall ermöglichen können.
Die Oppositionsparteien
reagierten auf den Vorstoß der Rechnungshofpräsidentin zwiegespalten. Die Neos und das Team Stronach finden ihn gut. Die Grünen sprachen sich gegen ein absolutes Verbot von Neuwahlen aus. Größere Hürden für die vorzeitige Auflösung des Nationalrats würden sie aber befürworten. Die FPÖ bezeichnete Krakers Ideen als absoluten Unsinn. Die Freiheitlichen können lediglich der Forderung etwas abgewinnen, die Gesetzgebungsperiode wieder auf vier Jahre zu verkürzen. Seit den Wahlen 2008 wird der Nationalrat auf fünf Jahre bestimmt. Das Kabinett Werner Faymann I (2008 bis 2013) nutzte die gesamte Legislaturperiode aus und gehört damit zu einer Minderheit in der Zweiten Republik. Bisher kam es nämlich nur vier Mal vor, dass die Regierung ohne vorgezogene Wahlen ausgekommen ist. In den anderen Fällen hat sich der Nationalrat noch vor Ablauf der Legislaturperiode selbst aufgelöst.
Werner Zögernitz, Präsident des Instituts für Parlamentarismus und früherer Klubdirektor der ÖVP, rät dennoch dazu, im Großen und Ganzen an den bestehenden Regeln festzuhalten. Der Nationalrat brauche die Option, sich selbst auflösen zu können, etwa wenn ein Regierungsklub zerfällt oder Ungereimtheiten alles blockieren würden.
Den Bundespräsidenten sollte man laut Zögernitz allerdings aus diesem Spiel herausnehmen. Noch kann das Staatsoberhaupt den Nationalrat nämlich auf Vorschlag der Bundesregierung entlassen. So sieht es die Bundesverfassung vor. Vorgekommen ist das aber nur einmal, und zwar in der Ersten Republik.
Es gibt keinen Grund, die Legislaturperiode zu verkürzen.
Werner Zögernitz
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.