Wie ein Kaugummi
Der Fall klebt führenden ÖVP-Politikern an den Schuhsohlen. Den werden sie so schnell nicht wieder los. Der ÖVP-Sozialsprecher Matthias Kucera hat als Rechtsanwalt einen Vertrag über den Verkauf eines Sechstel-Anteils eines Grundstücks an den ÖVP-Mandatar Albert Büchele errichtet. Die Zutaten zu diesem Aufreger sind nicht ohne: Der Quadratmeterpreis für die fraglichen 1600 Quadratmeter Grund im Bau-Misch-Gebiet betrug lediglich 31 Euro, während man unter den oppositionellen Landtagsabgeordneten von einem ortsüblichen Preis von 550 Euro pro Quadratmeter ausgeht. Der Kaufvertrag wurde vom Gericht wegen mangelnder Geschäftsfähigkeit des Verkäufers für unwirksam erklärt. Medizinische Gutachten haben im Nachhinein ergeben, der heute 96-jährige Verkäufer sei schon beim Kaufabschluss demenzkrank gewesen. Der Käufer sitzt auf einem ÖVP-Ticket im Aufsichtsrat der Hypobank. Er will berufen. Und der ÖVP-Sozialsprecher will seine Haut retten, indem er die Rechtsanwaltskammer ersucht hat, seinen Fall zu prüfen. Alles vergossene Milch.
Der freiheitliche Klubobmann Daniel Allgäuer hat im Landtag als seriöser Wortführer auch den Landeshauptmann nicht geschont. Die Oppositionsparteien im Landtag fühlen, dass sie im Fall Kucera die große Mehrheit der Bevölkerung hinter sich haben. Das Volk hat sich schon längst ein Urteil gebildet und interessiert sich nicht für eventuell vorhandene entlastende Kleinigkeiten.
Wenn politische Parteien den Rücktritt des ÖVP-Sozialsprechers fordern, wissen sie genau, dass sie ihn eigentlich einzementieren. Das ist auch so gewollt. Politik kann grausam sein. Andererseits ist Kucera durch die Widersprüche, in die er sich verwickelte, als Sozialsprecher unbrauchbar geworden, nichts mehr wert. Bei jeder seiner Wortmeldungen steht in den Augen der Leute neben ihm der 96-jährige demenzkranke Mann.
Die Volkspartei tut sich schwer bei der Bereinigung des Falls. Kucera ist der Schwiegersohn der allzu früh verstorbenen ÖVP-Legende Manfred Dörler. Eine Partei kann den Rückzug eines Abgeordneten nicht erzwingen. Auch die Grünen als Koalitionspartner haben eine verquere Strategie entwickelt. Der ÖVP-Mandatar Büchele soll bei der Hypobank zurücktreten. Dann ist die Welt wieder in Ordnung. Von Kucera ist nicht die Rede. Dabei hat diese Geschichte die Dimension, die schwarz-grüne Landesregierung bei der Wahl in die Luft zu sprengen. Fakten hin oder her.
„Diese Geschichte hat die Dimension, die schwarz-grüne Landesregierung in die Luft zu sprengen.“
Arnulf Häfele
arnulf.haefele@vn.at
Arnulf Häfele ist Historiker und Jurist. Er war langjähriges Mitglied des Vorarlberger Landtags.