Trägerrakete für Schwarz-Blau

ÖVP und FPÖ glauben an eine Einigung, auch wenn’s mal kracht.
Wien Die Trägerrakete für Schwarz-Blau steht: ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl und der Dornbirner FPÖ-Abgeordnete Reinhard Bösch haben im Nationalrat einen Antrag zur Ressortverteilung in der Regierung eingebracht. Noch ist nicht viel drinnen. Sobald die Verhandlungen abgeschlossen sind, kann alles Fehlende jedoch nachgereicht und beschlossen werden; dann kann die Koalition gleich loslegen.
Wann genau das sein wird, ist offen. Für heute ist eine Spitzenrunde mit den Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) angesetzt. Im Anschluss wollen sie eine Erklärung abgeben. Geht es nach Kurz, soll jedenfalls noch vor Weihnachten alles klargemacht werden.
Freiheitliche Kritik an ÖVP
Insgesamt laufen die Verhandlungen gut, wie die beiden immer wieder betonen. Hinter vorgehaltener Hand äußern sich Vertreter aus ihren Reihen etwas anders. So beklagen sich Freiheitliche, mit „großen“ Forderungen nicht durchzukommen. Strache hat das indirekt bestätigt. Ungewöhnlich heftig äußerte er sich eben erst auf dem Wiener Landesparteitag über die ÖVP: Diese sei geteilt in das „türkise Raumschiff“ von Kurz und „die alte ÖVP“, die sich etwa an die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern hefte, die er eigentlich abschaffen möchte. Der Kritik nicht genug, attackierte Straches Parteifreund Udo Landbauer die Kurz-Vertraute und niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner auch noch umgehend wie zu ganz schlechten Zeiten: Er bezeichnete sie als „Moslem-Mama-Mikl“. Zwischendurch kommen da wenig überraschend Zweifel auf, ob Schwarz-Blau überhaupt funktionieren kann.
Vieles gehört jedoch zur Dramaturgie: Kurz und Strache stehen unter Druck. Sie sollten Weitreichendes vereinbaren, dabei aber immer auch beachten, dass sie für einen Beschluss auf parlamentarischer Ebene ihre Abgeordneten aus den Ländern und diversen Interessenvertretungen mit an Bord haben. Und vor allem auch ihre Anhänger – sonst droht schon bei den Landtagswahlen im Frühjahr ein böses Erwachen.
Was das betrifft, ist besonders Strache gewarnt: „Wir haben gelernt aus den Fehlern der Vergangenheit“, sagt er unter Verweis auf das Jahr 2000 bzw. Schwarz-Blau I und den Absturz der Freiheitlichen. Damals habe man vieles übers Knie gebrochen, so Strache. Daher wolle er sich nun lieber Zeit lassen bei den Verhandlungen.
Inhaltlich haben ÖVP und FPÖ bisher die einfacheren Kapitel abgehakt: Illegale Zuwanderung stoppen, Mindestsicherung für Neuankömmlinge kürzen und den Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft verzögern wollen die beiden schon länger. Schwieriger wird’s bei Fragen wie der Pensionssicherung: Hier will die FPÖ weniger eine Kostendämpfung als eine Mindestrente von 1200 Euro nach 40 Jahren einführen, die laut SPÖ-geführtem Sozialministerium bis zu 510 Millionen Euro kosten würde. JOH