Berlusconi will es noch einmal wissen

Politik / 01.03.2018 • 22:50 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Wegen eines Ämterverbots darf Berlusconi selbst nicht kandidieren. Im Wahlkampf ist er aber omnipräsent und wirbt mit „Berlusconi presidente“. AP
Wegen eines Ämterverbots darf Berlusconi selbst nicht kandidieren. Im Wahlkampf ist er aber omnipräsent und wirbt mit „Berlusconi presidente“. AP

Mitte-Rechts-Bündnis als Favorit bei Italien-Wahl.

rom Am Sonntag sind rund 51 Millionen Italiener dazu aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Im Wahlkampf haben sich zwei Bündnisse und die Fünf-Sterne-Bewegung einen zähen Dreikampf geliefert. Allerdings dürfte nur die Mitte-Rechts-Allianz um Ex-Premier Silvio Berlusconi Chancen auf eine regierungsfähige Mehrheit haben.

 

Was sagen die Umfragen?

In den beiden letzten Wochen vor der Wahl werden keine Umfragen mehr veröffentlicht. Letzten Befragungen zufolge ist die populistische Fünf-Sterne-Bewegung mit etwa 28 Prozent Zustimmung stärkste Einzelpartei. Die Mitte-Links-Allianz um die Demokratische Partei von Matteo Renzi erreicht um die 27 Prozent. Auf etwa 36 Prozent kommt der Mitte-Rechts-Block um Berlusconis rechtskonservative Forza Italia und die ausländerfeindliche Lega (früher Lega Nord) von Matteo Salvini. Zwischen 30 und 45 Prozent der Wahlberechtigten sind den verschiedenen Erhebungen zufolge allerdings noch unentschlossen.

 

Welche Rolle spielt das neue Wahlsystem?

Angesichts des „Rosatellum“ – einer Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht – ist es unwahrscheinlich, dass eine Einzelpartei die absolute Stimmenmehrheit in Abgeordnetenkammer (630 Sitze) und Senat (315 Sitze) erhält. Der einzige Block, der auf eine regierungsfähige Mehrheit hoffen kann, ist das Mitte-Rechts-Bündnis von Berlusconi. Dafür muss eine Koalition 40 Prozent der mit dem Proporzsystem vergebenen Sitze erobern, sowie in 70 Prozent der Einmann-Wahlkreise gewinnen.

 

Schon wieder Berlusconi?

„Ich bin wie guter Wein, mit dem Alter werde ich besser und jetzt bin ich perfekt“, sagte der viermalige Regierungschef unlängst bei einem Wahlkampfauftritt. Der 81-jährige kann aufgrund einer Verurteilung wegen Steuerbetrugs selbst nicht antreten; in den Medien ist Berlusconi aber allgegenwärtig. Als Premier einer Mitte-Rechts-Regierung brachte der Medienzar EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani ins Spiel. Im Gegensatz zur Lega präsentiert sich die Forza Italia EU-freundlich.

 

Welche Regierungsvarianten sind denkbar?

Anhand der Umfrageergebnisse ergeben sich drei Szenarien, schildert der Politologe Günther Pallaver von der Universität Innsbruck. Erstens: Die Mitte-Rechts-Allianz holt sich die Mehrheit im Senat und in der Abgeordnetenkammer. Szenario zwei: Die Fünf-Sterne-Bewegung bildet eine Minderheitsregierung. Pallaver hält das aber für wenig wahrscheinlich. Anders sieht es mit der dritten Variante aus: Das Mitte-Rechts-Bündnis stellt eine Mehrheit im Senat, nicht aber in der Abgeordnetenkammer. 

Was bedeutet das?

Es könnte zur Blockade der gleichberechtigten Parlamentskammern kommen, schildert der Politologe. Nicht ausgeschlossen ist die Möglichkeit, dass Staatspräsident Sergio Mattarella den amtierenden Premier Paolo Gentiloni mit der Bildung einer „Regierung des Präsidenten“ beauftragt. Sie könnte im Amt sein, bis ein neues eindeutiges Wahlgesetz steht. Auch ein parteiunabhängiges Technokraten-Kabinett wie unter dem früheren Premier Mario Monti wäre denkbar. Einer „große Koalition“ zwischen der Demokratischen Partei und der Forza Italia haben sowohl Berlusconi als auch Renzi bisher eine Absage erteilt. Auch zeichnet sich für die beiden Parteien nicht unbedingt eine Mehrheit in den Umfragen ab. Pallaver betont aber: „Bei allen Prognosen kann es sich derzeit nur um Spekulationen handeln.“ Es bleibt also spannend. VN-ram