Teures Kleingeld
Das schwarz-blaue Budget gab es fast punktgenau zum 100-tägigen Jubiläum der Regierungskoalition. Die Jubelmeldung vom Nulldefizit und budgetären Überschuss platzierten Kanzler und Vizekanzler bewusst schon früher, damit sie richtig sickern kann.
Mit der Präsentation des Doppelbudgets kam dann der erwartete Aufschrei; in einigen Bereichen sehr wohl zu Recht. Etwa in der Justiz: Bei Richterstellen zu kürzen, ist verantwortungslos und kurzsichtig. Der gesamte Apparat steht unter anderem wegen der Sachwalter-Reform und des Sicherheitspakets vor einem deutlich größeren Berg an Arbeit. Gleichzeitig kündigt sich – wie in vielen anderen Bereichen – eine Pensionierungswelle bei den Richtern an. Umso fataler ist es daher, beim Nachwuchs zu sparen. Der Staat braucht Rechtspraktikanten und Richteramtsanwärter, die auch tatsächlich Richterposten erhalten. Ansonsten werden wir in einigen Jahren eine Rechnung bekommen, die deutlich höher ist, als die Einsparungen von heute. Nicht nur monetär, sondern auch systemisch. Eine gesunde Justiz ist für eine gesunde Gewaltenteilung unabdingbar.
Unabdingbar ist es auch, an gesetzten Integrationsmaßnahmen festzuhalten. Das beweist nicht nur ein von der Bundesregierung viel zitierter AMS-Bericht. Alleine eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung legt nahe, dass gut integrierte Personen am Ende „mehr ins System einzahlen“ (um beim schwarz-blauen Wording zu bleiben). Daher sind Integrationsbestrebungen nicht einmal nur mit reiner Nächstenliebe zu begründen, sondern ganz pragmatisch gesehen mit reinem Selbstzweck.
Gleiches gilt für den Pflegebereich. Dass eine Reform nötig ist, hat mittlerweile jeder verstanden. Alleine, dass darüber diskutiert wird, ist gut. Konkrete Pläne fehlen aber noch, ist doch im Budget abseits der bekannten Posten oder den 100 Millionen Euro für das Pflegeregress-Aus nichts Neues zu finden. Die 100 Millionen werden jedenfalls nicht reichen, um die Pflege zu Hause zu stärken und gleichzeitig die Kosten, die durch das Pflegeregress-Ende entstanden sind, zu kompensieren. Glaubt man dem Zentrum für Verwaltungsforschung, sind dafür 550 Millionen Euro nötig. Wären sie budgetiert, würden aber Nulldefizit und Überschuss wackeln oder ÖVP und FPÖ woanders sparen müssen.
Grundsätzlich ist ein Überschuss im Budget längst überfällig, vor allem in Zeiten der Hochkonjunktur. Dieses Ziel aber auf Kosten der Zukunft zu erwirtschaften, wäre kontraproduktiv und am Ende lediglich teuer erstandenes politisches Kleingeld.
„Integrationsbestrebungen sind ganz pragmatisch auch mit reinem Selbstzweck zu begründen.“
Birgit Entner
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