Zweites „Ja“ für Al-Sisi

Ägyptens Präsident mit 97 Prozent klar wiedergewählt. Radikale Kräfte mehren sich.
Kairo In Kairo wurden am späten Montag die Endergebnisse der ägyptischen Präsidentenwahlen von letzter Woche verlautbart. Drei Tage hatte die Abstimmung gedauert, bei der auch Gratisessen und Volksbelustigungen geboten wurden, um möglichst viele zur Wahlurne zu locken. Sonst gab es keinen spannenden Anreiz, die politische Zukunft am Nil mitzuentscheiden. Kam doch praktisch nur ein Kandidat infrage: Das Staatsoberhaupt der letzten vier Jahre, der ehemalige Feldmarschall Abdel Fattah al-Sisi. Wahlberechtigt waren rund zwei Drittel der 95 Millionen Einwohner, doch wie seit Anfang dieser Woche gewiss, gaben nur 23 Millionen davon ihre Stimme ab, viel spärlicher als bei Al-Sisis erster Wahl vor vier Jahren. Am Ende hat der Machthaber 97,08 Prozent erhalten. Der Sieg war in dieser Deutlichkeit erwartet worden, weil sich alle ernsthaften Konkurrenten vor der Wahl unter teils dubiosen Umständen aus dem Rennen zurückgezogen hatten. Neben Al-Sisi trat nur der weitgehend unbekannte Politiker Musa Mustafa Musa an, in dem Beobachter einen Alibi-Kandidaten sahen.
Die geringe Wahlbeteiligung kann auch auf die ausgebliebene Wahlempfehlung der koptischen Kirche für Al-Sisi zurückgeführt werden. Sie rief ihre etwa neun Millionen Stimmberechtigten zwar auf zu wählen, stellte ihnen jedoch die Entscheidung zwischen einem „Ja“ zu Al-Sisi, Musa oder einem weißen Stimmzettel frei. In der muslimischen Bevölkerungsmehrheit Ägyptens herrscht nun der Eindruck, die Kopten hätten sich den Unmut des wiedergewählten Präsidenten zugezogen, Al-Sisi dürfte sich künftig kaum mehr wie bisher zu christlichen Feiertagen an der Seite des koptischen Patriarchen zeigen. Vor allem könnte er den schon bisher ungenügenden und halbherzigen Polizeischutz für koptische Kirchen und Versammlungen vor Gewaltakten der Islamisten weiter vermindern.
Nährboden für Extremisten
Die aus Ägyptens Arabischem Frühling hervorgegangene Herrschaft der Muslim-Bruderschaft hatte Sisi 2013 gewaltsam beendet. Nach anfänglicher Erleichterung verdichtete sich der soziale Nährboden für radikalen Politislam während Al-Sisis erster Präsidentschaft aber wieder, unter anderem aus zwei Gründen: enorme Teuerung bei Grundnahrungsmitteln und ausufernde Arbeitslosigkeit, besonders zu Lasten der Jugend. Aus ihr haben sich in erster Linie die politislamischen Attentäter der jüngsten Jahre unter Al-Sisi rekrutiert. Die letzten größeren Bluttaten am Nil gab es vergangene Ostern. 2018 stehen Karfreitag und Auferstehung nach dem koptischen Kirchenkalender gerade bevor.