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Die Castros sind in Kuba Ikonen, sagt Ingrid Fankhauser. Im VN-Gespräch erläutert die Kuba-Expertin und Projektreferentin für Wissenschaft am Wiener Lateinamerika-Institut auch, warum vom neuen Präsidenten Miguel Diáz-Canel so schnell kein Kurswechsel zu erwarten ist. Hinsichtlich Reformen gelte in Kuba immer: „Zwei Schritte vor, einen zurück.“
Was bleibt von der Ära Raúl Castro?
Fankhauser Raúl Castro war ein Reformer. Er hat Reformen vorangetrieben, allerdings in einem sehr langsamen Tempo. Das war immer das Credo: Reformen ja, aber bei gleichzeitiger Stabilisierung des politischen Systems, also des kubanischen Sozialismus. Die kubanische Revolution wird auch vom neuen Präsidenten Miguel Díaz-Canel verteidigt werden. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Man muss das auch so sehen: Als Raúl Castro an die Macht kam, war sein Bruder Fidel weiterhin im Hintergrund tätig. Genauso ist es jetzt. Raúl bleibt ja in den nächsten Jahren noch Chef der Kommunistischen Partei, wird ebenfalls noch im Hintergrund agieren. Für mich ist die Situation jetzt eine starke Parallele zu Raúl und Fidel früher.
Steht der erste Präsident außerhalb des Castro-Klans unter besonderem Legitimitätsdruck?
Fankhauser Ja, das glaube ich schon. Die Castros haben mehr als 50 Jahre regiert. Sie sind Ikonen. Mit dem Namen Castro verbindet man die kubanische Revolution. Besonders natürlich mit Fidel. Obwohl Raúl an der Macht war, waren überall im Land Fidel-Bilder weiterhin präsent. Jetzt steht da auf einmal ein neuer Name. Díaz-Canel ist mit Mitte 50 auch ein Stück jünger, dieser Generationensprung ist momentan wohl die größte Veränderung. Der neue Präsident ist ein Jahr nach dem Sieg der Revolution geboren. Aber er ist als Politiker im gleichen Machtzirkel beheimatet und wird die Castro-Linie dementsprechend weiterverfolgen. Die Castros haben sich ganz bewusst mit loyalen Menschen umgeben. Spannend werden die Jahre nach der Übergangsphase, wenn Raúl keinen Einfluss mehr hat.
Sind Reformen in Kuba unerlässlich?
Fankhauser Nirgendwo auf der Welt kann es Stillstand geben, auch in Kuba nicht. Von Stillstand kann man aber ohnehin nicht sprechen. Es gab ja bereits Reformen. Allerdings geschah das immer sehr langsam. Da gibt es viele Faktoren, die mitspielen, etwa das US-Embargo. Kuba steht wirtschaftlich nicht besonders gut da, es herrscht eine permanente Krisensituation. Das ist natürlich eine große Hürde. Dazu kommt die veraltete Infrastruktur. Raúl Castro hat in den letzten Jahren Liberalisierungsmaßnahmen eingeleitet, beispielsweise den Privatsektor geöffnet. Gleichzeitig schränkt der Staat das auch immer wieder ein. Kuba macht sozusagen ständig zwei Schritte vor, dann immer wieder einen zurück. Die kubanische Führung steht hinter Veränderungen. Aber zu schnell soll es nicht gehen, damit das System nicht kollabiert.