Pensionslüge
Wenn man wissen will, warum man so viel Steuern und Beiträge zahlen muss, dann ist das ein wesentlicher Teil der Antwort: Die Pensionen sind kostspielig. Summa summarum müssen gut 50 Milliarden Euro pro Jahr dafür aufgebracht werden. Immerhin aber führt das auch dazu, dass Altersarmut in Österreich weniger verbreitet ist als in vielen anderen Ländern. Das ist doch etwas. Oder etwa nicht?
Ob sich dieses Pensionssystem auch nur annähernd halten lässt, ist jedoch fraglich. Ja, es ist sogar zunehmend zu bezweifeln: Bisher hat man den Sozialdemokraten allein anlasten können, an Reformen nicht interessiert zu sein. Auch die Freiheitlichen haben sich zurückgehalten; sie richten sich schließlich danach, was eine gewisse Masse gerne hört. Bemerkenswerterweise ist jetzt aber auch die ÖVP dazugekommen; auch sie hat verinnerlicht, dass man Wahlen auf die Schnelle nur dann gewinnt, wenn man sich auf Populäres zurückzieht.
Das Ergebnis ist erschreckend: Allein der Zuschuss, der aus Steuermitteln für die Pensionsversicherung nötig ist, wird den Budgetunterlagen zufolge von neuneinhalb Milliarden Euro heuer auf knapp 13 Milliarden im Jahr 2022 explodieren. Doch was tun die drei erwähnten Parteien? Sie wetteifern um eine Erhöhung der Mindestpension und damit eine Verteuerung des Systems.
Um nicht missverstanden zu werden: Wer jahrelang geschuftet hat, soll im Alter so viel bekommen, dass ein würdevolles Leben möglich ist. Nur: Das muss finanziert werden. Die Beseitigung von Privilegien in der Nationalbank, der Gemeinde Wien und einigen anderen Körperschaften ist im Sinne der Gerechtigkeit unumgänglich. Abgesehen davon, dass für den letzten Ministerrat angekündigte Maßnahmen offen blieben, darf man sich dabei jedoch nichts vormachen: Selbst wenn man zum Beispiel alle diesbezüglichen Empfehlungen des Rechnungshofes für die Sozialversicherungen umsetzt, kommt nur ein zweistelliger Millionenbetrag pro Jahr zusammen. Und das reicht nicht.
Viel mehr ist nötig. Eine Anpassung des Pensionsalters an die Lebenserwartung etwa. Wie sie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einst gefordert hat. Doch das ist kein Thema mehr. Man gibt sich damit zufrieden, das durchschnittliche Antrittsalter von 60,1 heuer auf 60,3 im Jahr 2020 zu bringen. Auch das reicht nicht.
Beziehungsweise geht sich all das bei einer ohnehin schon stark steigenden Budgetbelastung auf Sicht nur aus, weil die Wirtschaftslage gerade so toll ist. Dabei wird es jedoch nicht bleiben. Im Gegenteil, die nächste Krise kommt (leider) so sicher wie das Amen im Gebet. Und dann wird sich diese Verantwortungslosigkeit rächen; mit doppelter Härte.
„Wer jahrelang geschuftet hat, soll im Alter so viel bekommen, dass ein würdevolles Leben möglich ist. Nur: Das muss finanziert werden.“
Johannes Huber
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Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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