Die Stadt Innsbruck wurde grün

Partei erstmals bei Gemeinderatswahl vorne. Chance auf Bürgermeisteramt.
Innsbruck „Wechselbad der Gefühle“ ist ein Hilfsausdruck für das, was die Grünen gestern erlebten: Bei der Landtagswahl in Salzburg wurden sie mehr als halbiert. Optimisten in der Partei, wie Bundessprecher Werner Kogler, versuchten sich jedoch damit zu trösten, dass in Innsbruck zeitgleich Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen stattfanden. Dort wurde gegen 20 Uhr wirklich eine Überraschung verkündet: Die Grünen schafften bei der Gemeinderatswahl mit 24,2 Prozent Platz eins. Aus der Bürgermeisterwahl ging ihr Spitzenkandidat Georg Willi mit 30,9 Prozent als Sieger hervor. Am 6. Mai darf er sich mit Amtsinhaberin Christine Oppitz-Plörer einer Stichwahl stellen; sie musste sich mit 24,3 Prozent begnügen.
Wer diese Ergebnisse nachvollziehen will, muss zwei, drei besondere Umstände berücksichtigen, die Innsbruck ausmachen. Zunächst einmal ist die in Tirol ansonsten dominierende ÖVP in der Landeshauptstadt gespalten. Oppitz-Plörer gehört einem Flügel namens „Für Innsbruck“ an; dieser hat in den 1990er Jahren mit dem späteren Landeshauptmann Herwig van Staa das Bürgermeister-Amt erstmals erobert und bis heute gehalten. „Für Innsbruck“ holte nun lediglich 16,2 Prozent. Die Rest-ÖVP kam auf 12,2 Prozent. Damit fielen sie sogar hinter die FPÖ, die es auf 18,6 Prozent brachte.
Für die Grünen waren das gestern nicht die ersten Wahlen, bei denen sie in Innsbruck auf Platz eins kamen. Gelungen ist es auch bei Nationalratswahlen. Bei der Bundespräsidentenwahl schlug Ex-Parteichef Alexander Van der Bellen den freiheitlichen Kandidaten Norbert Hofer mit 65,4 zu 34,6 Prozent.
Grund: Die mehr als 130.000 Innsbrucker sind statistisch gesehen im Durchschnitt jünger als die übrigen Österreicher; und neben den über 30.000 Studierenden gibt es in der Stadt auch sehr viele Akademiker. Für Mitte-Links-Parteien sind das günstige Bedingungen. In Innsbruck profitieren in der Regel die Grünen davon. Bei der Nationalratswahl 2017 wurde zwar die SPÖ stimmenstärkste Partei, bei der Gemeinderatswahl gestern stürzte sie mit 10,3 Prozent aber auf Platz fünf ab.
Georg Willi, der einst die Landes-Grünen geführt hat, zählt zu den bürgerlichen, eher pragmatischen Funktionären der Partei. Zuletzt erklärte er etwa, Wohnprobleme beschäftigten die Menschen mehr als geschlechtsneutrale Formulierungen und die Ehe für alle. Ergebnis: Zwei Tage vor der Gemeinderatswahl trat die grüne Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider unter Protest aus der Partei aus. Geschadet hat es Willi offenbar nicht. JOH
„Ich bin dankbar, dass ich so viel Vertrauensvorschuss bekommen habe.“